Stille Reserven in Kapitalgesellschaftsanteilen

Teil 2

- Rück-Korrekturtatbestände, „Erleichterungs“-Tatbestände

1 . Fallgruppe: Nachfolgende tatsächliche Veräußerung

§ 6 I 5 AStG 2006§ 6 Abs. 1 Satz 3 AStG 2022
Veräußerung wird um die bereits besteuerten stillen Reserven gekürzt.Gemeine Wert = AK für die Beteiligung, soweit Steuer entrichtet
Anrechnung des besteuerten Vermögenszuwachses abzüglich Freibeträge
Anrechnungsüberhang mit anderen Einkünften verrechenbar

Veräußert der Wegzügler seine Kapitalgesellschaftsbeteiligung nach seinem Wegzug, besteuert Deutschland gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht den erzielten Veräußerungsgewinn.

Regelmäßig weisen jedoch die Bestimmungen bestehender DBA das Besteuerungsrecht für die Veräußerung der Anteile dem Wohnsitzstaat zu (vgl. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA). Sofern in diesen Fällen der neue Wohnsitzstaat bei der Berechnung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns nicht den Wert der Kapitalgesellschaftsbeteiligung im Zeitpunkt des Grenzübertritts, sondern die historischen Anschaffungskosten ansetzt, kommt es zu einer doppelten Besteuerung der bis zum Wegzug entstandenen stillen Reserven (eingehend zur Problematik der Doppelbesteuerung siehe nachfolgend unter E.).

Falls kein DBA das deutsche Besteuerungsrecht ausschließt, erfasst § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG die gesamten stillen Reserven.

Regelung bis VZ 2021:
Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung des fiktiven Veräußerungsgewinns nach § 6 AStG und des tatsächlichen Veräußerungsgewinns nach § 49 EStG war bis einschließlich VZ 2021 nach § 6 Abs. 1 Satz 5 AStG 2007 der erzielte tatsächliche Veräußerungsgewinn um die bereits besteuerten stillen Reserven zu kürzen. Angerechnet wurde der nach Satz 1 besteuerte Vermögenszuwachs abzüglich Freibeträge. Ein Anrechnungsüberhang (Anrechnungsüberhang) konnte mit anderen Einkünften verrechnet werden. [1]

Gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 AStG 2007 ist der Steuerbescheid zu korrigieren, wenn im Fall des Widerrufs einer EU-/EWR-Stundung gemäß Absatzes 5 Satz 4 Nr. 1 AStG der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der Stundung niedriger ist als der Vermögenszuwachs nach Absatz 1 und die Wertminderung bei der Einkommensbesteuerung durch den Zuzugsstaat nicht berücksichtigt wird. Die Veräußerung zu einem niedrigeren Wert als dem Teilwert bei Wegzug ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass die Wertminderung betrieblich veranlasst ist und nicht auf eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme, insbesondere eine Gewinnausschüttung, zurückzuführen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 2 AStG). Die Wertminderung ist höchstens im Umfang des Vermögenszuwachses nach Absatz 1 zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 6 Satz 3 AStG). Weitere Voraussetzung ist, dass die Wertminderung im Zuzugsstaat nicht berücksichtigt wird. Nach Auffassung FG Münster [2] setzt § 6 Abs. 6 Satz 1 AStG voraus, dass jedenfalls eine Berücksichtigung des Verlustes im Zuzugsstaat erfolglos beantragt worden sein muss. Dies sei nicht der Fall, wenn der Steuerpflichtige mangels Pflichtveranlagung keine Steuererklärung abgebe, und zwar auch dann nicht, wenn er keine abgeben müsse.

Regelung ab VZ 2022:
Ab VZ 2022 findet keine Kürzung des Veräußerungsgewinns mehr statt. Stattdessen gilt der gemeine Wert (fiktiver Veräußerungspreis) als Anschaffungskosten der Beteiligung (Step-Up), soweit die auf den Veräußerungsgewinn entfallene Steuer tatsächlich gezahlt worden ist, § 6 Abs. 1 Satz 3 AStG 2022.

Ist der Veräußerungspreis niedriger als der gemeine Wert bei Wegzug, hat dies auf die Wegzugsbesteuerung keinen Einfluss.

2. Fallgruppe: Vorübergehende Abwesenheit

§ 6 III 1 AStG 2007§ 6 III 1 AStG 2022
Rückkehr nach 5 JahrenRückkehr nach 7 Jahren
Anteile weder veräußert noch in eine BV eingelegt.=
Rückkehrabsicht
FG Münster v. 31.10.2019, 1 K 3448/17E
=

Keine Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr > 25% des gemeinen Wertes

Besteuerungsanspruch wie vor Wegzug
Verlängerung von 5 Jahren bei beruflichen Gründen=

§ 6 Abs. 3 AStG lässt unter den näher bestimmten Rückkehrvoraussetzungen die Steuerpflicht rückwirkend entfallen. Sinn der Regelung ist, nur die Wegzugsfälle endgültig zu besteuern, in denen der Steuerpflichtige endgültig aus der unbeschränkten Steuerpflicht ausscheidet. [3] Der Gesetzgeber trägt damit dem Mobilitätsbedürfnis Rechnung.

Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG entfällt der Steueranspruch rückwirkend, wenn

  • der Steuerpflichtige binnen (bis VZ 2021) fünf/(ab VZ 2022) sieben Jahren nach Wegzug in Deutschland wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird und
  • soweit die Anteile in der Zwischenzeit weder veräußert, übertragen noch in ein Betriebsvermögen eingelegt wurden. Erfolgt die Übertragung von Todes wegen und wird der Rechtsnachfolger innerhalb der Zeiträume unbeschränkt steuerpflichtig, ist die Übertragung „unbeachtlich“. Das soll heißen, dass hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen für den rückwirkenden Wegfall der Steuerpflicht auf den Rechtsnachfolger abzustellen ist.

Weitere sachliche (anteilbezogene) Voraussetzungen ab VZ 2022 sind, dass

  • keine Gewinnausschüttungen oder keine Einlagenrückgewähr erfolgt sind, deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des Werts im Sinne des Absatzes 1 beträgt, und
  • das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bestand.

Eine Gewinnausschüttung von 25% oder mehr des gemeines Wertes bei Wegzug führt ab VZ 2022 zu einer Festschreibung der Wegzugssteuer, und zwar auch dann, wenn der Wegzug vor VZ 2022 stattfand.

Der Gesetzgeber möchte durch diese Regelung u.a. verhindern, dass der Steuerpflichtige ins Ausland zieht, dort eine ggf. bestehende Präferenzregelung für Gewinnausschüttungen in Anspruch nimmt und mit dadurch wertgeminderten Anteilen wieder nach Deutschland zurückkehrt.

Ferner muss nach Nr. 3 das deutsche Besteuerungsrecht im ursprünglichen „Umfang“ wiederhergestellt werden. „Umfang“ bezieht sich hier auf das Besteuerungsrecht, nicht auf die Höhe der stillen Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs.

Umstritten ist, ob der Steueranspruch nur dann entfällt, wenn im Zeitpunkt des Wegzugs die feste Absicht des Steuerpflichtigen zur Rückkehr bestand.

Fallbeispiel BFH
Die Frage, ob eine subjektive Rückkehrabsicht im Zeitpunkt des Wegzugs Voraussetzung für den rückwirkenden Wegfall der Steuer gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 AStG ist, war lange Zeit umstritten. Der BFH hat nunmehr klargestellt, dass das zum Entfallen der Wegzugsbesteuerung führende Merkmal der „nur vorübergehenden Abwesenheit“ in § 6 Abs. 3 S. 1 AStG unabhängig von einer „Rückkehrabsicht“ erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. [4] Der BFH folgt damit der bereits im Schrifttum vertretenen objektiven Theorie, wonach allein entscheidend sei, ob der Steuerpflichtige innerhalb der entsprechenden Frist wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. [5] Dagegen ist nach der subjektiven Theorie zusätzlich ein Rückkehrwille des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Wegzugs erforderlich. [6] Das FG Münster hat in der Vorinstanz sich noch der subjektiven Theorie angeschlossen. Für ein Entfallen des Steueranspruchs sei neben der (objektiven) Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht auch erforderlich, dass glaubhaft gemacht werde, dass bereits bei Wegzug (subjektiv) der Wille zur Rückkehr bestand. [7] Die Vorschrift gelte nicht für gescheiterte oder „abgebrochene“ Auswanderungen. Die Absicht zur Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht müsse zwar nicht bereits bei Wegzug angezeigt werden, sondern könne auch erst bei Rückkehr glaubhaft gemacht werden. Das FG Münster folgt damit der Finanzverwaltung. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Finanzverwaltung dem BFH anschließen wird. Bis dahin bleibt es bei der Praxisempfehlung, in Wegzugsfällen vorsorglich Beweisvorsorge für die Rückkehrabsicht zu betreiben.

Nach § 6 Abs. 3 Satz 2 AStG 2007 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 AStG 2022 kann die Fünfjahresfrist auf Antrag durch das Finanzamt um maximal weitere fünf Jahre verlängert werden. Dafür muss der Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass berufliche Gründe für die Abwesenheit maßgebend sind und unverändert eine Rückkehrabsicht besteht.

Ohne zeitliche Beschränkung entfällt nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 AStG 2007 der Steueranspruch rückwirkend in EU-Fällen, wenn Steuer nach § 6 Abs. 5 AStG 2007 gestundet ist. Dies gilt auch, wenn die Rückkehr nach dem 1.1.2021 erfolgt (§ 21 Abs. 2 AStG 2022).

3. Fallgruppe: Rechtsnachfolger begründet unbeschränkte Steuerpflicht 

Erwerber/Rechtsnachfolger ist...§ 6 III AStG 2007§ 6 III AStG 2022

Rückwirkender Wegfall der Besteuerung durch Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht?
Ansässig im Drittstaat, Erwerb durch SchenkungNeinJa, 7 Jahre
Ansässig im Drittstaat, Erwerb von Todes wegenJa, 5 Jahre
Ansässig in EU, Erwerb durch SchenkungJa, ohne zeitliche Begrenzung
Ansässig in EU, Erwerb von Todes wegen
Zusätzliche Voraussetzungen
Keine Gewinnausschüttung oder Einlagenrückgewähr > 25 % des gemeinen Wertes


Besteuerungsanspruch wie vor Wegzug

Im Fall der unentgeltlichen Übertragung im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG 2022 auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person entfällt die Steuer rückwirkend, wenn der Rechtsnachfolger eine natürliche Person ist und diese Person innerhalb von sieben Jahren seit der Übertragung unbeschränkt steuerpflichtig wird, § 6 Abs. 3 Satz 5 AStG 2022. Die sachlichen (anteilsbezogenen) Voraussetzungen gelten auch hier. 

Bis VZ 2021 war der persönliche Anwendungsbereich enger. Der Steueranspruch entfiel nur dann, wenn der Rückkehrer die Anteile zuvor von Todes wegen erworben hatte, § 6 Abs. 3 Satz 3 AStG 2007.

Fallbeispiel 11

4. Fallgruppe: Rückkehr bei allgemeiner Entstrickung (ab VZ 2022)

Beruht der Ausschluss des Besteuerungsrechts im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AStG 2022 (allgemeine Entstrickung) auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen, entfällt der Steueranspruch rückwirkend, wenn der Steuerpflichtige zurückkehrt und dadurch der Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts beseitigt wird, § 6 Abs. 3 Satz 4 AStG 2022. Die sachlichen (anteilsbezogenen) Voraussetzungen gelten ebenfalls.

Die Regelung ist misslungen, weil sie tatbestandlich auf die vorübergehende Abwesenheit des Steuerpflichtigen abstellt. Diese Verkürzung des Rückkehrprivilegs macht beim allgemeinen Entstrickungstatbestand keinen Sinn, weil hierdurch die Fälle der passiven Entstrickung nicht erfasst werden. Richtigerweise müsste der Tatbestand allein darauf abstellen, dass das deutsche Besteuerungsrecht an den Anteilen wieder vollständig begründet wird. Wird beispielsweise das deutsche Besteuerungsrecht durch passive Entstrickung ausgeschlossen und später durch passive Verstrickung wieder neu begründet, bleibt nach dem Wortlaut der Steueranspruch bestehen.

Das Gleiche gilt für Fälle der aktiven Entstrickung und der aktiven Verstrickung.

Fallbeispiel 12

- Aufschub der Fälligkeit / Stundung

Sachverhalt§ 6 AStG 2007§ 6 AStG 2022
Wegzug in EU/EWG§ 6 V
Stundung ohne Sicherheitsleistung und Stundungszinsen bis Widerruf
§ 6 IV
Endgültige Abwesenheit
Aufschub der Fälligkeit
7 Jahresraten
Sicherheitsleistung
Keine Verzinsung
Wegzug in Drittstaat§ 6 IV 1: endgültige Abwesenheit
5 Jahresraten
Sicherheitsleistung
Zinsen, § 234 AO

§ 6 IV 3: vorübergehende Abwesenheit
Max 10 Jahre
Keine Ratenzahlung
Sicherheitsleistung
Zinsen, § 234 AO
Vorübergehende Abwesenheit
Max 12 Jahre (7+5)
Keine Ratenzahlung
Sicherheitsleistung
Keine Zinsen
Zinsen aber, wenn keine Rückkehr keine Ratenzahlung

Der Umstand, dass der Wegzugsbesteuerung ein fiktiver und kein tatsächlicher Veräußerungsgewinn zugrunde liegt, ist Grund dafür, dem Steuerpflichtigen auf Antrag einen Aufschub der Fälligkeit zu gewähren, § 6 Abs. 4 AStG 2022.

Bis einschließlich VZ 2021 sahen § 6 Abs. 4 und 5 AStG 2007 ein zweigliedriges Stundungssystem vor. Bislang wurde zwischen so genannten Drittlandsfällen und EU-/EWR-Fällen unterschieden. Während die Regelung in Bezug auf Drittlandsfälle in § 6 Abs. 4 AStG 2007 eine fünfjährige Stundung gegen Stundungszinsen und Sicherheitsleistung vorsah, regelte für EU-/EWR-Fälle § 6 Abs. 5 AStG eine unbefristete und zinslose Stundung ohne Sicherheitsleistung. [1]

Durch die Neufassung von § 6 AStG 2022 ist das EU-/EWR-Privileg entfallen. Für Altfälle gilt die Übergangsregelung des § 21 Abs. 2 AStG 2022.

Aufschub der Fälligkeit

  1. Fälle endgültiger Abwesenheit
    In den Fällen endgültiger Abwesenheit kann die festgesetzte Steuer auf Antrag des Steuerpflichtigen in sieben gleichen Jahresraten entrichtet werden. Dem Antrag ist in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung stattzugeben. Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen. Eine unbillige Härte muss der Steuerpflichtige nicht darlegen. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig.

    Die Steuer ist nicht gestundet, lediglich ihre Fälligkeit ist aufgeschoben. Dies hat den administrativen Vorteil, dass die Stundung nicht widerrufen werden muss, wenn Widerrufsgründe vorliegen. Stattdessen regelt das Gesetz die Fälligkeit binnen Monatsfrist, wenn bestimmte Ereignisse eintreten. Ein solches Ereignis liegt nach § 6 Abs. 4 Satz 5 AStG 2022 vor,
    1. wenn die Jahresrate nicht fristgemäß entrichtet wird,
    2. wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach Absatz 5 nicht erfüllt,
    3. wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet,
    4. soweit die Anteile veräußert oder übertragen werden, wobei eine unentgeltliche Übertragung auf eine natürliche Person von Todes wegen unschädlich ist, oder
    5. soweit Gewinnausschüttungen oder eine Einlagenrückgewähr erfolgen und soweit deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des Werts im Sinne des Absatzes 1 beträgt.
  2. Fälle vorübergehender Abwesenheit
    In Fällen nur vorübergehender Abwesenheit (§ 6 Abs. 3 AStG 2022) gelten die vorstehenden Regelungen entsprechend. Sprachlich unsauber ist, dass der Gesetzgeber hier von Stundungszeitraum spricht, obwohl er das Konzept der Stundung durch das Konzept des Aufschubs der Fälligkeit ersetzt hat. Die Anzahl der Monatsraten richtet sich in Fällen der vorübergehenden Abwesenheit nach der vom Finanzamt eingeräumten Frist. Gemeint ist die Siebenjahresfrist nach Absatz 3, die auf Antrag des Steuerpflichtigen um weitere 5 Jahre vom Finanzamt verlängert werden kann, sofern die Rückkehrabsicht unverändert fortbesteht.

    Wichtige Begünstigung bei nur vorübergehender Abwesenheit ist, dass auf Antrag des Steuerpflichtigen auf die Erhebung von Jahresraten verzichtet wird. Kehrseite der Begünstigung ist, dass für die Dauer des gewährten Zahlungsaufschubs Zinsen in entsprechender Anwendung von § 234 AO erhoben werden.

    Die Steuer wird binnen Monatsfrist fällig, wenn
    1. eines der in Absatz 4 Satz 5 geregelten Ereignisse Eintritt,
    2. die Steuer aufgrund eines Ereignisses gemäß Absatz 3 endgültig festgeschrieben ist (Veräußerung, Gewinnausschüttung, Einlagenrückgewähr, Umfang Besteuerungsrecht) oder
    3. der Steuerpflichtige den Wegfall der Rückkehrabsicht erklärt.
  3. Inhaberschaftsanzeige bis zum 31. Juli
    Der Steuerpflichtige oder sein Gesamtrechtsnachfolger hat dem nach Satz 1 zuständigen Finanzamt jährlich bis zum 31. Juli schriftlich seine aktuelle Anschrift mitzuteilen und zu bestätigen, dass die Anteile ihm oder im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 seinem Rechtsnachfolger weiterhin zuzurechnen sind, § 6 Abs. 5 Satz 3 AStG 2022.

Stundung bei Wegzug in EU-Mitgliedstaat bis 2021

  1. Wegzugsbesteuerung und Niederlassungsfreiheit
    § 6 Abs. 5 AStG 2007 gilt nur noch für Wegzug bis einschließlich VZ 2021. Die Regelung wurde im Rahmen des SEStEG vom 07.12.2006 für Wegzugsfälle innerhalb der EU/EWR eingeführt. Die Einführung war seinerzeit erforderlich, weil § 6 AStG in der Fassung von 2007 (a.F.) nach den Maßstäben der EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache „Lasteyrie du Saillant“ gegen die Niederlassungsfreiheit verstieß (h. M. [2]). Die Stundung gilt für alle offenen Fällen, also auch solche, die noch nach § 6 AStG a. F. (vor SEStEG) besteuert wurden, § 21 Abs. 13 Satz 2 AStG. Damit soll die europarechtswidrige Besteuerung vor dem 7.12.2006 rückwirkend geheilt werden. Der BFH hält dies für unproblematisch. [3]

    Der EuGH hat am 11.03.2004 in der Rechtssache „Lasteyrie du Saillant“ entschieden, dass der in Art. 43 EG (heute Art. 49 AEUV [4]) verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die in Art. 167 des französischen Code Général des Impôts (CGI) vorgesehene, einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt. [5] Damit hat der EuGH eine Vorschrift des französischen Steuerrechts für europarechtswidrig erklärt, die hinsichtlich ihrer Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede zu § 6 AStG a. F. aufwies.

    Nach Ansicht des EuGH sei die Wegzugsbesteuerung geeignet, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu beschränken, da sie für Steuerpflichtige, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen wollen, zumindest abschreckende Wirkung habe. [6] Der Steuerpflichtige, der im Rahmen der Ausübung der Niederlassungsfreiheit seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, werde gegenüber einer Person, die ihren Wohnsitz im Inland behalte, benachteiligt. Aus der Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen einen Zahlungsaufschub der Steuer zu erwirken, ergebe sich nichts anderes, da der Zahlungsaufschub nicht automatisch erfolge und an strenge Voraussetzungen (wie die Leistung von Sicherheiten) geknüpft sei. Denn die Leistung von Sicherheiten habe als solche bereits eine beschränkende Wirkung. [7]

    Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit könne nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Hierzu zählt der EuGH grundsätzlich auch das Ziel, Steuerflucht zu vermeiden. Allerdings schieße die französische Wegzugsbesteuerungsregelung über das Ziel hinaus, da sie auch solche Fälle erfasse, in denen ein Steuerpflichtiger von seinem Niederlassungsrecht Gebrauch mache, ohne sich in Missbrauchsabsicht der französischen Besteuerung zu entziehen. [8] Denn eine Verlegung des Wohnsitzes bedeute für sich genommen keine Steuerflucht.

    Diese Linie hat der EuGH in einer weiteren Wegzugsentscheidung bestätigt. In der Rechtssache „N“ hat der EuGH entschieden, dass eine Wertzuwachsbesteuerung gegen Art. 43 EG verstößt, wenn ein Steuerpflichtiger aus seinem Mitgliedstaat wegzieht und die Stundung der Steuer von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird. [9]

    Nach wohl überwiegender Ansicht im Schrifttum folgt aus der Entscheidung des EuGH, dass die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG a. F. gegen die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags verstieß (Art. 43 EG). Dies war auch die Ansicht der Europäischen Kommission, die die Bundesrepublik Deutschland in 2004 förmlich aufgefordert hatte, § 6 AStG aufzuheben und ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG eingeleitet hatte.

    Mit der besonderen Stundungsregel in § 6 Abs. 5 AStG 2007 hat der Gesetzgeber auf die EuGH-Entscheidung reagiert und zur Umsetzung des Konzeptes der „Sicherung des Steueranspruchs“ – in Abgrenzung zum Konzept der Sofortbesteuerung – eine komplexe Regelung geschaffen. Die Stundungsregelung gilt für alle noch offenen Fälle.

    Der EuGH hat mittlerweile seine Rechtsprechung relativiert. Nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung wäre auch eine Sofortbesteuerung mit Ratenzahlungsoption europarechtskonform. Dem entspricht Art. 5 ATAD (siehe F.IV). Der deutsche Gesetzgeber hat dies zum Anlass genommen § 6 AStG für EU-/EWR-Wegzüge ab VZ 2022 wieder zu verschärfen.

    Nach § 21 Abs. 2 AStG bleiben bestehende Stundungen unberührt. Unklar ist, wie Wegzüge vor dem 1.1.2021 zu behandeln sind, wenn der Stundungsantrag nach dem 1.1.2021 gestellt wird. Nach der Gesetzesbegründung soll für bis zum 31.12.2020 verwirklichte Tatbestände die alte Stundungsregelung fortgelten.

  2. Grundtatbestand der Stundung

    Persönliche Voraussetzungen

    In persönlicher Hinsicht muss der (unbeschränkt) Steuerpflichtige Staatsangehöriger eines EU- oder EWR-Mitgliedstaates (Achtung: Die Schweiz gehört nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum) sein.

    Zwar spricht die Regelung nur von dem Steuerpflichtigen, so dass nach dem Wortlaut der Steuerpflichtige gleichermaßen unbeschränkt wie beschränkt steuerpflichtig sein kann. Da jedoch der Grundtatbestand der Stundung nur im Falle des natürlichen Wegzugs i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG, also die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und gewöhnlichen Aufenthaltes, eingreift, muss der Steuerpflichtige unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sein. [10]

    Sachliche Voraussetzungen
    In sachlicher Hinsicht verlangt die Vorschrift
    - ein Ausscheiden aus der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht,
    - der Steuerpflichtige muss im Zuzugsstaat einer der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen und
    - die Amtshilfe zwischen Deutschland und dem Zuzugsstaat muss gewährleistet sein.

    Bei der Beurteilung, ob die im Zuzugsstaat bestehende Steuerpflicht der deutschen Einkommensteuerpflicht vergleichbar ist, muss auf den Charakter der ausländischen Steuer abgestellt werden. [11] Hierbei ist entscheidend, ob der Zuzugsstaat bei der Erhebung der Steuer an das Welteinkommen anknüpft und persönliche Verhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt, wobei Unterschiede im Detail nicht von Bedeutung sind. [12]

    Die weitere Voraussetzung der Gewährung von Amts- und Beitreibungshilfe hängt von den jeweiligen Richtlinien und deren Umsetzung zwischen Deutschland und den EU-/EWR-Staaten ab und soll letztlich die deutsche Besteuerung der stillen Reserven im Falle einer Veräußerung sicherstellen. Im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten ist die Voraussetzung aufgrund der EG-Amtshilfe- und Beitreibungsrichtlinie unproblematisch erfüllt. In Bezug auf die EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein gelten diese Richtlinien zwar nicht, aber die DBA-Norwegen (Art. 26, 27) und DBA-Island (Art. 26) sehen Regelungen für Amts- und Beitreibungshilfe vor. Problematisch wurde die Situation jedoch im Verhältnis zu Liechtenstein gesehen, weil das alte DBA-Liechtenstein keine solchen Regelungen enthält, so dass in diesen Fällen wohl keine Stundung gewährt wird. [13] Aufgrund des Abkommens vom 2. September 2009 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen und dem neuen DBA vom 17.11.2011 dürften diese Bedenken im Verhältnis zu Liechtenstein mittlerweile ausgeräumt sein.

    Rechtsfolge
    Als Rechtsfolge normiert die Regelung eine zinslose Stundung des Steueranspruchs ohne Sicherheitsleistung. Die Stundung ist zeitlich unbefristet bis zur endgültigen Veräußerung der Anteile zu gewähren.

  3. Stundungsregelung bei Ersatztatbeständen
    Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 AStG 2007 gilt die Stundungsregelung in EU-Fällen auch für die Ersatztatbestände nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 [14] AStG 2007.

  4. Widerruf der Stundung
    Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 AStG 2007 ist die Stundung unter bestimmten Bedingungen zwingend (also ohne Ermessen) zu widerrufen.

    Durch das Brexit-Steuerbegleitgesetz, welches am 29.3.2019 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber geregelt, dass die Stundung zu widerrufen ist, wenn die Voraussetzungen für die Stundung nicht mehr vorliegen. Diese Regelung erweitert die bisherigen nummerisch aufgezählten Widerrufsgründe der Nrn. 1 – 4 des nachfolgenden Halbsatzes. Die Änderung beinhaltet eine Erweiterung der Widerrufsgründe für Sachverhalte, die bislang durch die Widerrufsgründe der Nrn. 1 – 4 nicht erfasst waren. Dazu zählen beispielsweise der Wegfall jeglicher EU/EWR-Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen, der Wegfall der „vergleichbaren“ Einkommensteuerpflicht oder der Austritt des Zuzugsstaates aus der EU oder dem EWR.

    Der Brexit führt indes auch nach der Neuregelung nicht zum Widerruf einer einmal bewilligten Stundung. Der ebenfalls durch das Brexit-Steuerbegleitgesetz zum 29.3.2019 eingeführte § 6 Abs. 8 AStG 2007 enthält hierfür eine Sonderregelung.

    Die in den Nummern 1 bis 4 bisher schon geregelten Widerrufsgründe bleiben bestehen und haben gemein, dass entweder „nicht diskriminierende“ Realisierungstatbestände (Nr. 1 und 3) erfüllt werden oder die „EU-Verstrickung“ entfällt (Nr. 2 und 4).

    Nicht diskriminierende Entstrickung
    Fallgruppe 1: Anteilsveräußerung, verdeckte Einlage in Kapitalgesellschaft, Erfüllung eines der Tatbestände des § 17 Abs. 4 EStG, insbes. Auflösung der Gesellschaft (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 AStG 2007)

    In den Fällen des § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 AStG 2007 entfällt die Rechtfertigung, die Besteuerung der stillen Reserven weiterhin temporär auszusetzen. Denn auch in vergleichbaren Inlandsfällen würde ein Veräußerungsgewinn besteuert, so dass auch aus europarechtlicher Sicht keine Notwendigkeit für die Stundung mehr besteht. [15]

    Sofern der tatsächliche Veräußerungsgewinn durch betrieblich veranlasste Wertminderungen geringer ist als der fingierte Veräußerungsgewinn bei Wegzug und der Zuzugsstaat diese Wertminderung nicht berücksichtigt, ist der Steuerbescheid insoweit gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 AStG 2007 i. V. m. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO aufzuheben oder zu ändern (Anpassungsklausel). § 6 Abs. 6 AStG 2007 gilt bei einem vergleichbaren Nicht-EU-Fall nicht. Durch die Regelung wird eine ansonsten drohende Überbesteuerung vermieden. [16]

    Der Steuerpflichtige ist allerdings nach § 6 Abs. 6 Satz 2 AStG 2007 verpflichtet, bestimmte Nachweise zu erbringen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, ist die Finanzverwaltung nicht verpflichtet, entsprechende Unterlagen anzufordern oder eigene Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen. [17]

    Auch Umwandlungen, auf die §§ 11, 15 oder 21 UmwStG anwendbar sind (Verschmelzung, Spaltung, Anteilstausch), sind grundsätzlich Veräußerungen und damit Widerrufsgrund. Diese Rechtsfolge kann der Steuerpflichtige auf Antrag vermeiden (§ 6 Abs. 5 Satz 5 AStG 2007), wenn ein inländischer Anteilseigener die neu gewährten Anteile gemäß § 13 Abs. 2, § 21 Abs. 2 UmwStG mit den Anschaffungskosten der bisherigen Anteile ansetzen könnte.

    § 6 Abs. 5 Satz 5 AStG 2007 enthält eine Rechtsgrundverweisung. Zu prüfen ist, ob bei einem vergleichbaren Inlandssachverhalt die Voraussetzungen für einen Buchwertantrag nach den vorgenannten Vorschriften vorlägen. Der Normalfall, den der Gesetzgeber offenbar vor Augen hatte, ist die Umwandlung einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft, die nach Wegzug ihres Gesellschafters ins EU-/EWR-Ausland umgewandelt wird. Bei der Prüfung des vergleichbaren Inlandssachverhalts wird die Inlandsansässigkeit des Gesellschafters fingiert. Ob die Umwandlung tatsächlich zu Buchwerten durchgeführt worden ist, spielt nach dem Wortlaut keine Rolle.

    Nicht vom Wortlaut erfasst ist der Fall, dass eine ausländische Kapitalgesellschaft (ohne Inlandsbezug) nach Wegzug ihres in Deutschland ansässigen Gesellschafters ins EU-/EWR-Ausland umgewandelt wird. Die Rechtsgrundverweisung setzt voraus, dass ein Umwandlungssachverhalt vorliegt, auf den §§ 11, 15 oder 21 UmwStG anwendbar ist. Dies ist bei Auslandsgesellschaften ohne Inlandsbezug nicht der Fall. Ein Gesellschafter dessen Wegzugssteuer nach § 6 Abs. 5 AStG 2007 gestundet worden ist, kann den Widerrufsgrund nicht auf Antrag vermeiden. Solche Fälle sind denkbar, da § 6 AStG 2007 auch Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften erfasst. Der Wortlaut ist m.E. zu eng. Solange die neuen Anteile EU-verstrickt bleiben, besteht an sich kein Bedürfnis, die Stundung zu widerrufen.

    Stellt der Steuerpflichte den Antrag, die Umwandlung nicht als Veräußerung zu behandeln, treten die neuen Anteile an die Stelle der alten Anteile.

    Fallgruppe 2: Vorgänge, die nach inländischem Recht zum Ansatz des Teilwerts oder des gemeinen Werts führen, insbesondere Entnahme (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 AStG AStG)

    Aus denselben Gründen wie bei § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 AStG AStG entfällt bei Nr. 3 die temporäre Stundung. Denn bei vergleichbaren reinen Inlandsfällen kommt es zu einer Realisierung der stillen Reserven, so dass kein Grund mehr für eine Stundung besteht.

    Wegfall der „EU-Verstrickung“
    Fallgruppe 3: Übergang der Anteile auf Personen, die außerhalb der EU ansässig sind (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 AStG 2007)

    § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 2 AStG 2007 erfasst sämtliche Fälle des un- und teilentgeltlichen Übergangs der Anteile, da die entgeltliche Veräußerung bereits von Nr. 1 erfasst ist. Weiterhin müssen die Anteile auf Personen übergehen, die nicht in einem EU-/EWR-Staat ansässig sind.

    Fallgruppe 4: Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb der EU (§ 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 4 AStG 2007)

    Von § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 4 AStG 2007 wird im Wesentlichen der Weiterzug in so genannte Drittstaaten erfasst. [18] Unschädlich ist hingegen der Weiterzug in einen anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat.

    Die Regelung ist nicht lückenlos und bietet Gestaltungsspielraum. Sie erfasst nicht den Wegzug in einen Drittstaat, wenn im EU-Wegzugsstaat der Wohnsitz beibehalten wird und somit dort die unbeschränkte Steuerpflicht im EU-Ausland fortbesteht.

  5. Priorität der Stundung vor Verlustverrechnung
    Die Stundung nach Absatz 5 soll Nachteile gegenüber dem Wegzug im Inland vermeiden. Könnte der fiktive Veräußerungsgewinn nach § 6 Abs. 1 AStG durch Verlustvorträge (§ 10d EStG) neutralisiert werden, liefe die Stundungswirkung ins Leere. Beim vergleichbaren Inlandssachverhalt würde ein Wegzug die Vorlustvorträge nicht tangieren. Um Wegzug im Inland und Wegzug ins EU-/EWR-Ausland in der Belastungswirkung gleich zu behandeln, regelt § 6 Abs. 5 Satz 6 AStG 2007, dass fiktive Veräußerungsgewinne einen vorhandenen Verlustvortrag nicht mindern. Der Steuerpflichtige würde ohne Realisierung eines Veräußerungsgewinns durch die Kürzung des zu berücksichtigenden Verlusts schlechter gestellt als ein vergleichbarer Steuerpflichtiger im Inlandsfall. [19]

    Nicht erfasst von der Vorschrift ist der Fall, dass Verlustvorträge bestehen, im Wegzugsjahr der Gesamtbetrag der Einkünfte auch ohne Berücksichtigung des fiktiven Veräußerungsgewinns positiv ist. Nach zutreffender Ansicht des FG München ist § 6 Abs. 5 Satz 6 AStG 2007 dahingehend europarechtskonform auszulegen, dass die fiktiven Einkünfte für die Ermittlung des Verlustabzugsbetrags nach § 10d EStG insgesamt ohne Berücksichtigung bleiben. [20]

    Wird die Stundung indes widerrufen, ist ein Verschmelzungsgewinn rückwirkend im Rahmen des § 10 d EStG zu berücksichtigen, § 6 Abs. 5 Satz 7 AStG 2007.

  6. Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen
    Um die Stundungsvoraussetzungen zu überprüfen und somit die „EU-Verstrickung“ zu überwachen und von Realisierungstatbeständen Kenntnis zu erlangen, regelt § 6 Abs. 7 AStG 2007 zwei Anzeigepflichten. In den Sätzen 4 und 5 ist die Wohnsitz- und Inhaberschaftsanzeige und in den Sätzen 1 bis 3 die Widerrufsgrundanzeigenormiert. Die Anzeigen müssen gegenüber dem Finanzamt abgegeben werden, das im Zeitpunkt des Wegzugs für die Besteuerung des Steuerpflichtigen zuständig war.
    1. Wohnsitz- und Inhaberschaftsanzeige bis zum 31.01.
      Der Steuerpflichtige hat dem zuständigen Finanzamt bis zum 31.01. schriftlich seine zum Ende des Vorjahres geltende Anschrift sowie die fortbestehende Inhaberschaft der Anteile mitzuteilen.

      Die Vorschrift betrifft nur den Steuerpflichtigen, nicht auch den Rechtsnachfolger. Allerdings muss der Steuerpflichtige mitteilen, ob die Anteile seinem Rechtsnachfolger weiterhin zuzurechnen sind. Offen lässt der Wortlaut, ob der Steuerpflichtige auch die Anschrift des Rechtsnachfolgers mitteilen muss. Diese an sich logische Konsequenz lässt sich dem Wortlaut jedoch nicht entnehmen.

      Verletzt der Steuerpflichtige die Verpflichtung zur jährlichen Wohnsitz- und Inhaberschaftsanzeige, kann nach Abs. 7 Satz 5 die Stundung widerrufen werden.
    2. Anzeige von Widerrufsgründen
      Ferner müssen der Steuerpflichtige oder dessen Gesamtrechtsnachfolger dem zuständigen Finanzamt binnen Monatsfrist die Umstände mitteilen, die nach Abs. 5 Satz 4 einen Widerrufsgrund darstellen. Mitzuteilen sind Realisierungsvorgänge nach Wegzug (Veräußerung, verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft, Liquidation der Gesellschaft, Entnahme) sowie der Wegfall der EU-Verstrickung (Übergang auf nicht EU-ansässige Personen, Wegfall der unbeschränkten Steuerpflicht innerhalb der EU).

      Dabei spricht die Vorschrift vom Gesamtrechtsnachfolger, den das deutsche Zivilrecht nur im Erbrecht und im Umwandlungsrecht kennt. Fraglich ist, ob auch der Einzelrechtsnachfolger, also auch derjenige, der die Anteile vom Steuerpflichtigen im Wege der Schenkung erworben hat, erfasst ist. Dies wäre an sich konsequent, weil die Mitteilungspflicht ausdrücklich auf Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Bezug nimmt; dort ist aber nur vom Rechtsnachfolger die Rede. Da der Einzelrechtsnachfolger jedoch nicht der Gesamtrechtsnachfolger ist, geht der gesetzliche Regelungswille über den ausdrücklichen Wortlaut der Norm und damit über die Grenze der Auslegung hinaus. M. E. ist der Einzelrechtsnachfolger (z. B. der Beschenkte) nicht zur Mitteilung von Widerrufsgründen verpflichtet mit der Folge, dass der Schenker zur Mitteilung verpflichtet bliebe.

      Die Nicht-Anzeige als solche ist nach dem Wortlaut der Norm kein Widerrufsgrund. Dies ist einerseits verwunderlich, andererseits möglicherweise gewollt, weil im Falle der Unterlassung einer Widerrufsgrundanzeige das Finanzamt bereits kraft materiellen Rechts berechtigt wäre, die Steuerstundung zu widerrufen. Fraglich bleibt jedoch, wie der Steueranspruch verwirklicht werden soll, wenn das Finanzamt mangels Anzeige keine Kenntnis von einem Realisierungsvorgang oder von der EU-Entstrickung erhält. Zudem kann das Verschweigen eines Widerrufsgrundes als Steuerhinterziehung strafbar sein.

- Unionsrechtliche Vorgaben 

Europarechtskonformität der Wegzugsbesteuerung

§ 6 AStG wurde am 07.12.2006 durch das „Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften“ (SEStEG) völlig neu gefasst und ist erstmalig für Sachverhalte ab 2007 anwendbar. Gegen die Vorläuferbestimmung bestanden in der Literatur durchgreifende europarechtliche Bedenken, die der EuGH mit Urteil vom 11.03.2004 in der Rechtssache „Lasteyrie du Saillant“ – betreffend die vergleichbare französische Regelung – bestätigte. [1] Eine Schlussbesteuerung anlässlich eines Wegzugs in einen anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat ist danach grundsätzlich unzulässig. Der EuGH hat in dem Urteil „N“ seine Rechtsauffassung noch einmal bestätigt. [2]

§ 6 Abs. 5 AStG 2007 in der Fassung des SEStEG bezweckt, den europarechtlichen Mangel zu beseitigen, indem bei einem Wegzug in einen EU-/EWR-Mitgliedstaat die festgesetzte Steuer zinslos und unbefristet gestundet wird. Die Stundungsregelung wird dabei durch umfangreiche Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen zur Sicherung des gestundeten Steueranspruchs begleitet.

  1. Rückwirkende Anwendung der EU-/EWR-Stundungsregel auf Altfälle
    Nach einem AdV-Beschluss des BFH ist es nicht ernstlich zweifelhaft, dass § 6 AStG 2007 gemeinschaftsrechtskonform ist. [3] Unter Bezugnahme auf diesen Beschluss hat der BFH seine Rechtsauffassung bestätigt. [4] Die Stundungsregel gem. § 6 Abs. 5 AStG 2007 heilt die europarechtswidrige Besteuerung in Altfällen, § 21 Abs. 13 Satz 2 AStG. 

    Dies gelte auch dann, wenn es durch eine Wegzugsbesteuerung zu einer Doppelbesteuerung kommt. Dies wäre z. B. der Fall, wenn der Zuzugsstaat ebenfalls im Falle einer Veräußerung der Anteile auf die im Zuzugszeitpunkt vorhandenen stillen Reserven zugreift, weil er für die Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns die historischen Anschaffungskosten und nicht den Wert ansetzt, den der Wegzugsstaat der Besteuerung zugrunde gelegt hat (vgl. zum Zuzug nach Deutschland § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG).
  2. Ausdehnung auf Drittstaaten-Fälle (Kapitalverkehrsfreiheit)
    Noch nicht geklärt ist, ob die Stundung für EU-/EWR-Staatsangehörige aus Gründen der Kapitalverkehrsfreiheit auch auf Drittstaatenfälle auszuweiten ist. Der BFH verneint dies für solche Fälle, in denen § 17 EStG noch eine wesentliche Beteiligung in Höhe von 25% voraussetzte. [5] Bei solchen wesentlichen Beteiligungen verdrängt die Niederlassungsfreiheit die Kapitalverkehrsfreiheit. [6] Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Offen ist indes, ob die Kapitalverkehrsfreiheit in denjenigen Fällen anzuwenden ist, in denen keine substanzielle Beteiligung, die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 EStG jedoch wegen der Herabsetzung des Schwellenwertes auf 1% vorliegen.

Europarechtskonformität der Altregelung

  1. Ausgangspunkt: EuGH-Rechtsprechung
    § 6 AStG 2022 ist eine vorsehbare Folge der Rechtsprechungsänderung des EuGH. Der EuGH in Entstrickungsfällen hat nach der Grundsatzentscheidung in der Rechtssache Lasteyrie-du-Saillant [7] einen Paradigmenwechsel in seiner Rechtsprechung vollzogen, der zunächst die Verlagerung von Betriebsvermögen [8], danach aber auch den Wegzug natürlicher Personen betrifft.

  2. Paradigmenwechsel: Neue Entstrickungsrechtsprechung des EUGH
    In dem Sitzverlegungsfall Rechtssache National Grid Indus [9] hat der EuGH entschieden, dass kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vorliegt, wenn eine Gesellschaft aus einem EU-Mitgliedstaat (Herkunftsstaat) ihren Verwaltungssitz in einen anderen EU-Mitgliedstaat verlegt und der Herkunftsstaat dies zum Anlass nimmt, Steuern auf die wegziehenden stillen Reserven festzusetzen, sofern dem Steuerpflichtigen auf Wunsch Steuerstundung gewährt wird. Die Besonderheit dieses Urteils ist darin zu sehen, dass der EuGH – abweichend von seinen Entscheidungen in den Rechtssachen Lasteyrie du Saillant und „N“ betreffend den Wegzug natürlicher Personen – es für gemeinschaftsrechtskonform hält, wenn der Herkunftsstaat die Steuerstundung von der Stellung von Sicherheiten durch den Steuerpflichtigen und von einer Verzinsung abhängig macht. Auch sei der Herkunftsstaat nicht verpflichtet, die Steuerfestsetzung zu ändern, wenn sich nach dem Wegzug herausstelle, dass die tatsächlich realisierten stillen Reserven höher oder niedriger als die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden stillen Reserven sind.

    Diese Rechtsprechung bestätigte der EuGH durch sein Urteil in der Rechtssache Portugal [10] (Satzung- und Verwaltungssitzverlegung; Verlagerung von Betriebsstättenvermögen), wobei er – anders als im Urteil National Grid Indus– das Recht des Mitgliedstaates, auf die gestundeten Steuerbeträge Zinsen zu erheben, lediglich als obiter dictum (Tz. 32, a. a. O.), und das Recht, die Stundung von Sicherheitsleistungen abhängig zu machen, überhaupt nicht erwähnt.

    Durch das Urteil in der Rechtssache DMC [11] zu § 20 Abs. 3 UmwStG 1995 wurde nunmehr in den Entstrickungsfällen auch die Sofortbesteuerung mit Gewährung von Ratenzahlung zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten gerechtfertigt, da „die Staffelung der Zahlung der vor der tatsächlichen Realisierung der stillen Reserven geschuldeten Steuer in fünf Jahresraten in Anbetracht des mit der Zeit steigenden Risikos der Nichteinbringung“ angemessen und verhältnismäßig sei (Tz. 62, a.a.O.). Damit steht den Mitgliedstaaten neben der Gewährung von Steuerstundung auch die Ratenzahlung als angemessenes Mittel zur Sicherung des Steueranspruchs zur Verfügung. Auch für den Fall der Ratenzahlung stellt der EuGH klar, dass die Gewährung von Ratenzahlung in Abhängigkeit des Nichteinbringungsrisikos von der Stellung von Sicherheiten abhängig gemacht werden darf.

    Der EuGH hat diese Rechtsprechung mittlerweile mehrfach bestätigt. Durch seine Entscheidung in der Rechtssache Verder Lab Tec (Überführung von Betriebsvermögen nach §§ 4 Abs. 1 Satz 3, 4g EStG) hat der EuGH die Verhältnismäßigkeit der gestaffelten Besteuerung stiller Reserven über zehn Jahre (nach Ziffer 2.2.1. des alten Betriebsstättenerlasses) bejaht. [12]

    Die Abweichung der Rechtsprechungsserie National Grid Indus, DMC, Portugal I, Verder Lab Tec von der Lasteyrie-du-Saillant-Doktrine ließ sich dadurch erklären, dass DMC u.a. Entstrickung von Betriebsvermögen, Lasteyrie-du-Saillant dagegen Entstrickung von Privatvermögen betreffen. Es ist indes zweifelhaft, ob der EuGH diese – für das deutsche Einkommensteuerrecht prägende – Differenzierung tatsächlich vor Augen hatte. Jedenfalls scheint diese Differenzierung als Erklärung nicht mehr zu taugen. Der EuGH hat durch das Urteil Portugal II (Wegzug natürliche Person mit Kapitalgesellschaftsanteilen) die DMC-Rechtsprechung mittlerweile auch auf die Besteuerung von stillen Reserven in Anteilen an Kapitalgesellschaften anlässlich des Wegzugs natürlicher Personen ausgeweitet. [13]

    Etwa zeitgleich zur fiskalfreundlichen Neujustierung der EuGH-Rechtsprechung wurde am 19.07.2016 die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.07.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes (sog. Anti-Tax Avoidance Directive; im Folgenden: ATAD-Richtlinie) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Mit der ATAD-Richtlinie verfolgt der Unionsrechtsgeber das Ziel, „eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten“. [14] Die Richtlinie ist bis zum 31.12.2018 umzusetzen und ab dem 1.1.2019 anzuwenden und enthält auch Regelungen zur Wegzugsbesteuerung. Die Richtlinie regelt am Maßstab der neuen EuGH-Rechtsprechung die Mindestanforderungen zum Schutze der Grundfreiheiten, die hinter dem Schutzniveau des § 6 Abs. 5 AStG 2007 zurückbleiben. Anpassungsbedarf an die ATAD-Richtlinie bestand für den deutschen Gesetzgeber nicht. Der deutsche Gesetzgeber nahm die Richtlinie dennoch zum Anlass, durch das ATAD-Umsetzungsgesetz (ATADUmsG) das bisherige bürgerfreundliche Stundungssystem für EU-/EWR-Sachverhalte mit Wirkung zum VZ 2022 durch ein Ratenzahlungssystem mit Sicherheitsleistung zu ersetzen.

    Die Frage, ob § 6 AStG 2022 europarechtskonform ist, dürfte angesichts der vorstehend skizzierten Historie an sich zu bejahen sein. 

  3. Überraschungsurteil betreffend Schweiz
    Im Widerspruch zur vorstehend zusammengefassten Entwicklung der EuGH-Rechtsprechung steht die – überraschende – Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Wächtler, durch die der EuGH die Lasteyrie-du-Saillant-Doktrine für den Wegzug natürlicher Personen wiederbelebt. Das Urteil [15] enthält zwei Kernaussagen: Erstens sind die Grundfreiheiten aufgrund des Freizügigkeitsabkommen EU/Schweiz auf Wegzüge in die Schweiz anwendbar; zweitens wird die aufgrund der oben skizzierten Rechtsprechungsentwicklung tot geglaubte Lasteyrie-du-Saillant-Doktrine wiederbelebt.

    Mit Erstaunen ist dem Urteil zu entnehmen, dass der EuGH eine dauerhafte Stundung – ggf. gegen Sicherheitsleistung – für geboten hält, obwohl er doch mittlerweile in zahlreichen Folgeentscheidungen seine Lasteyrie-du-Saillant-Rechtsprechung stark relativiert und eine fünfjährige Stundungsregelung mit Zins und Sicherheitsleistung für europarechtskonform gehalten hat. [16] Es wundert daher nicht, dass die Finanzverwaltung das EuGH-Urteil nur in der Weise anwendet, dass die Steuer auf Antrag des Steuerpflichtigen in fünf gleichen Jahresraten gezahlt werden kann. Es fallen Stundungszinsen an. Sicherheiten sind nur zu leisten, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheint. [17]

    BMF, a.a.O.: „§ 6 Abs. 4 AStG ist bis zu einer gesetzlichen Änderung in den Fällen des § 6 Abs. 1 S. 1 sowie des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AStG, in denen der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit v. 21.6.1999 (ABl. 2002, L 114, 6) zu beachten ist, wie folgt anzuwenden: Abweichend von § 6 Abs. 4 S. 1 AStG ist eine Stundung auf Antrag des Steuerpflichtigen a) in fünf gleichen Jahresraten vorzunehmen, die nach § 234 AO zu verzinsen sind, b) ohne dass es auf eine erhebliche Härte bei alsbaldiger Einziehung ankommt und c) ohne Sicherheitsleistung, es sei denn, der Steueranspruch erscheint – zum Beispiel mangels Beitreibungshilfe – gefährdet.

    FG Köln folgt dem BMF-Schreiben nicht. [18] Danach sei § 6 Abs.5 AStG 2007 auf den Wegzug in die Schweiz im Wesentlichen entsprechend anwendbar.

    Die Diskussion, ob § 6 Abs. 4 AStG 2022 mit der Niederlassungsfreiheit im Einklang steht, dürfte erneut geführt werden. Hält der EuGH künftig an den Lasteyrie-du-Saillant-Maßstäben fest, ist § 6 Abs. 4 AStG 2022 klar europarechtswidrig. Daran ändert auch die ATAD-Richtlinie nichts.

Freizügigkeitsabkommen (FZA) EU/Schweiz

Das FZA EU/Schweiz [19] nimmt gemäß Art. 216 f. AEUV am Anwendungsvorrang des EU-Rechts gegenüber dem nationalen Recht teil. Im Schrifttum wird vertreten, dass die Stundung gemäß § 6 Abs. 4 AStG dem FZA widerspreche. [20] Das FG Baden-Württemberg hat durch Beschluss vom 14.06.2017 dem EuGH sinngemäß die Frage vorgelegt, ob Art. 1, 2, 4, 6, 7, 16 und 21 und Anhang I Art. 9 FZA dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen stehen, nach der nicht realisierte Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten (ohne Aufschub) besteuert werden, wenn ein in diesem Staat unbeschränkt steuerpflichtiger Staatsangehöriger seinen Wohnsitz von diesem Staat in die Schweiz verlegt. [21]

Der EuGH hat die Vorlagefrage sinngemäß bejaht. [22] Fällt der Wegzügler in den Schutzbereich des FZA, was der Fall ist, wenn er in der Schweiz einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit nachgeht, ist die sofortige Wegzugsbesteuerung bei einem Wegzug von einem EU-Ausland in die Schweiz unzulässig. Die sofortige Besteuerung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des FZA. Die Grundfreiheiten des AEUV entfalten damit über den Gleichbehandlungsgrundsatz auch ihre Wirkung im Verhältnis zur Schweiz. Ein Selbständiger, der in den Anwendungsbereich des FZA fällt, kann den Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 15 Abs. 2 des Anhangs I des FZA iVm Art. 9 dieses Anhangs auch gegenüber seinem Herkunftsstaat geltend machen. [23]

Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie (ATAD) und ATAD-UmsG-E

Am 19.07.2016 wurde die Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12.07.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes (sog. Anti-Tax Avoidance Directive; im Folgenden: ATAD-Richtlinie) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Mit der ATAD-Richtlinie verfolgt der Unionsrechtsgeber das Ziel eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung innerhalb der Europäischen Union zu gewährleisten. [24] Die Richtlinie ist bis zum 31.12.2018 umzusetzen und ab dem 1.1.2019 anzuwenden.

Ein wesentlicher Aspekt sei dabei die Sicherstellung der Besteuerung am Ort der Wertschöpfung und Gewinnerwirtschaftung.

Art. 5 der ATAD-Richtlinie enthält Vorgaben zur Wegzugsbesteuerung:

Artikel 5 Übertragung von Vermögenswerten und Wegzugsbesteuerung

  1. Der Steuerpflichtige wird in Höhe eines Betrags besteuert, der dem Marktwert der Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Übertragung oder des Wegzugs abzüglich ihres steuerlichen Werts entspricht, wenn einer der folgenden Umstände gegeben ist:
    1. Der Steuerpflichtige überträgt Vermögenswerte von seinem Hauptsitz an seine in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland belegene Betriebsstätte, insofern als der Mitgliedstaat des Hauptsitzes aufgrund der Übertragung nicht mehr das Besteuerungsrecht für die übertragenen Vermögenswerte hat.
    2. Der Steuerpflichtige überträgt Vermögenswerte von seiner in einem Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte an seinen Hauptsitz oder an eine andere Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland, insofern als der Mitgliedstaat der Betriebsstätte aufgrund der Übertragung nicht mehr das Besteuerungsrecht für die übertragenen Vermögenswerte hat.
    3. Der Steuerpflichtige verlegt seinen Steuersitz in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland, mit Ausnahme jener Vermögenswerte, die tatsächlich weiterhin einer Betriebsstätte im vorigen Mitgliedstaat zuzurechnen sind.
    4. Der Steuerpflichtige überträgt die von seiner Betriebsstätte ausgeübte Geschäftstätigkeit von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland, insofern als der Mitgliedstaat der Betriebsstätte aufgrund der Übertragung nicht mehr das Besteuerungsrecht für die übertragenen Vermögenswerte hat.
  2. Der Steuerpflichtige erhält das Recht, die Zahlung einer Steuer auf die entstandene Wertsteigerung oder einer Wegzugsteuer nach Absatz 1 durch Teilzahlungen, die über fünf Jahre erfolgen, aufzuschieben, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt:
    1. Der Steuerpflichtige überträgt Vermögenswerte von seinem Hauptsitz an seine in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland, das Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist, belegene Betriebsstätte.
    2. Der Steuerpflichtige überträgt Vermögenswerte von seiner in einem Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte an seinen Hauptsitz oder an eine andere Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland, das Vertragspartei des EWR-Abkommens ist.
    3. Der Steuerpflichtige verlegt seinen Steuersitz in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland, das Vertragspartei des EWR-Abkommens ist.
    4. Der Steuerpflichtige verlegt die von seiner Betriebsstätte ausgeübte Geschäftstätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat oder in ein Drittland, das Vertragspartei des EWR-Abkommens ist.

      Dieser Absatz gilt für Drittländer, die Vertragspartei des EWR-Abkommens sind, sofern sie ein Abkommen mit dem Mitgliedstaat des Steuerpflichtigen oder mit der Union über eine mit der in der Richtlinie 2010/24/EU des Rates (1) vorgesehenen Amtshilfe gleichwertige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen geschlossen haben.
  3. Schiebt ein Steuerpflichtiger die Zahlung gemäß Absatz 2 auf, so können gemäß den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats des Steuerpflichtigen oder der Betriebsstätte je nach Fall Zinsen erhoben werden.

    Bei nachweislichem und tatsächlichem Risiko, dass die Steuer nicht eingezogen werden kann, kann der Zahlungsaufschub gemäß Absatz 2 von einer Sicherheitsleistung des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werden.

    Unterabsatz 2 gilt nicht, wenn das im Mitgliedstaat des Steuerpflichtigen oder der Betriebsstätte geltende Recht die Möglichkeit vorsieht, die Steuerschuld bei einem anderen Steuerpflichtigen, der Mitglied derselben Gruppe und in diesem Mitgliedstaat steuerlich ansässig ist, einzuziehen.
  4. Findet Absatz 2 Anwendung, so wird der Zahlungsaufschub umgehend beendet und die geschuldete Steuer wird einziehbar, wenn
    1. die übertragenen Vermögenswerte oder die von der Betriebsstätte des Steuerpflichtigen ausgeübte Geschäftstätigkeit verkauft oder auf andere Weise veräußert werden;
    2. die übertragenen Vermögenswerte anschließend in ein Drittland verlagert werden;
    3. der Steuersitz des Steuerpflichtigen oder die von seiner Betriebsstätte ausgeübte Geschäftstätigkeit anschließend in ein Drittland verlegt wird;
    4. der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird;
    5. der Steuerpflichtige seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit den Teilzahlungen nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der zwölf Monate nicht überschreiten darf, keine Abhilfe für seine Situation schafft.

      Die Buchstaben b und c gelten nicht für Drittländer, die Vertragspartei des EWR-Abkommens sind, sofern sie ein Abkommen mit dem Mitgliedstaat des Steuerpflichtigen oder mit der Union über eine mit der in der Richtlinie 2010/24/EU vorgesehenen Amtshilfe gleichwertige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen geschlossen haben.
  5. Bei der Übertragung von Vermögenswerten oder der Verlagerung des Steuersitzes oder der von der Betriebsstätte ausgeübten Geschäftstätigkeit in einen anderen Mitgliedstaat erkennt dieser Mitgliedstaat den Wert an, den der Mitgliedstaat des Steuerpflichtigen oder der Betriebsstätte als Ausgangswert der Vermögenswerte für steuerliche Zwecke festgesetzt hat, es sei denn dieser spiegelt nicht den Marktwert wider.
  6. Für die Zwecke der Absätze 1 bis 5 ist der „Marktwert“ der Betrag, für den zwischen vertragswilligen unabhängigen Käufern und Verkäufern in einer direkten Transaktion Vermögenswerte ausgetauscht oder gegenseitige Verpflichtungen abgerechnet werden können.
  7. Sollen die Vermögenswerte innerhalb einer Frist von zwölf Monaten wieder in den Mitgliedstaat des Übertragenden zurückgeführt werden, gilt dieser Artikel nicht für Übertragungen von Vermögenswerten im Zusammenhang mit der Wertpapierfinanzierung, für als Sicherheiten gestellte Vermögenswerte oder für den Fall, dass die Übertragung von Vermögenswerten zur Erfüllung von aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen oder für Zwecke des Liquiditätsmanagements erfolgt.

Nach Art. 11 Abs. 5 der ATAD-Richtlinie hat eine Umsetzung der Vorgaben durch die Mitgliedsstaaten bis zum 01.01.2020 zu erfolgen. Aus deutscher Sicht besteht kaum Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber könnte die ATAD-Richtlinie jedoch zum Anlass nehmen, die Regelungen zur Wegzugsbesteuerung im Anwendungsbereich der Grundfreiheiten zu verschärfen. Im Referentenentwurf des BMF zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Umsetzungsgesetz; ATADUmsG) ist unter Art. 5 Nr. 4 ein Regelungsvorschlag enthalten, der das EU-Privileg abschafft. § 6 Abs. 4 Satz 1 AStG idF ATADUmsG-E enthält eine einheitliche 7-jährige Stundungsregelung für EU- und Drittstaatenfälle.

§ 6 AStG in der Fassung des ATADUmsG-E soll wie folgt lauten:

§ 6 Besteuerung des Vermögenszuwachses

  1. Vorbehaltlich der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, Körperschaftsteuergesetzes und Umwandlungssteuergesetzes stehen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen der Veräußerung von Anteilen im Sinne des § 17 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes zum gemeinen Wert gleich
    a. die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht infolge der Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts,

    b. die unentgeltliche Übertragung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person sowie,

    c. vorbehaltlich der Nummern 1 und 2, der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile.

    Die Veräußerung im Sinne des Satzes 1 erfolgt im Fall des
    a. Satzes 1 Nummer 1 im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht,

    b. Satzes 1 Nummer 2 im Zeitpunkt der Übertragung,

    c. Satzes 1 Nummer 3 unmittelbar vor dem Zeitpunkt, zu dem der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts eintritt.

    Im Fall des Satzes 1 gelten die Anteile vom Steuerpflichtigen oder, bei unentgeltlicher Übertragung, von dessen Rechtsnachfolger als zum gemeinen Wert erworben, soweit die auf den Veräußerungsgewinn entfallende Steuer entrichtet worden ist; andernfalls gelten diese weiterhin als zu den ursprünglichen Anschaffungskosten erworben.
  2. Unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 sind natürliche Personen, die innerhalb der letzten zwölf Jahre vor den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Tatbeständen insgesamt mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes gewesen sind. Bei unentgeltlichem Erwerb von Anteilen ist für die Berechnung der nach Satz 1 maßgebenden Dauer der Steuerpflicht auch die unbeschränkte Steuerpflicht des Rechtsvorgängers oder, sofern der betreffende Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen wurde, auch die unbeschränkte Steuerpflicht des jeweiligen Rechtsvorgängers einzubeziehen. Zeiträume, in denen die natürliche Person und der oder die Rechtsvorgänge gleichzeitig unbeschränkt steuerpflichtig waren, werden dabei nur einmal angesetzt. Entfällt der Steueranspruch nach Absatz 3, gelten der Steuerpflichtige sowie dessen unmittelbarer oder mittelbarer Rechtsnachfolger abweichend von den Sätzen 1 bis 3 als unbeschränkt Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1.
  3. Beruht die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen und wird der Steuerpflichtige innerhalb von sieben Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig, entfällt der Steueranspruch nach Absatz 1, soweit
    a. die Anteile in der Zwischenzeit weder veräußert, übertragen noch in ein Betriebsvermögen eingelegt wurden,

    b. keine Gewinnausschüttungen oder keine Einlagenrückgewähr erfolgt sind, deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des Werts im Sinne des Absatzes 1 beträgt, und

    c. das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bestand.

    Abweichend von Satz 1 Nummer 1 ist eine unentgeltliche Übertragung durch den Steuerpflichtigen auf eine natürliche Person von Todes wegen unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 durch die betreffende Person oder, infolge aufeinanderfolgender unentgeltlicher Weiterübertragung zwischen natürlichen Personen von Todes wegen, durch deren unmittelbaren oder mittelbaren Rechtsnachfolger erfüllt werden. Das Finanzamt, das im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 19 der Abgabenordnung zuständig ist, kann die Frist auf Antrag des Steuerpflichtigen oder im Fall des Satzes 2 dessen Rechtsnachfolgers insgesamt um höchstens fünf Jahre verlängern, wenn die Absicht zur Rückkehr unverändert fortbesteht. Beruht ein Ausschluss des Besteuerungsrechts im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 auf einer nur vorübergehenden Abwesenheit des Steuerpflichtigen, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend. Wird im Fall der unentgeltlichen Übertragung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 auf eine natürliche Person die betreffende Person innerhalb von sieben Jahren seit der Übertragung unbeschränkt steuerpflichtig, gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.
  4. Die festgesetzte Steuer, die auf die nach Absatz 1 realisierten Einkünfte entfällt, kann auf Antrag des Steuerpflichtigen in sieben gleichen Jahresraten entrichtet werden. Dem Antrag ist in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung stattzugeben. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31. Juli der Folgejahre fällig. Die Jahresraten sind nicht zu verzinsen. Die noch nicht entrichtete Steuer ist innerhalb eines Monats nach Eintritt der nachfolgenden Ereignisse fällig,

    1. wenn die Jahresrate nicht fristgemäß entrichtet wird,
    2. wenn der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach Absatz 5 nicht erfüllt,
    3. wenn der Steuerpflichtige Insolvenz anmeldet,
    4. soweit die Anteile veräußert oder übertragen werden oder
    5. soweit Gewinnausschüttungen oder eine Einlagenrückgewähr erfolgen und soweit deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des Werts im Sinne des Absatzes 1 beträgt.

    Abweichend von Satz 5 Nummer 4 ist eine unentgeltliche Übertragung durch den Steuerpflichtigen auf eine natürliche Person von Todes wegen unbeachtlich; insofern ist für Zwecke des Satzes 5 auf die betreffende Person oder, infolge aufeinanderfolgender unentgeltlicher Weiterübertragung zwischen natürlichen Personen von Todes wegen, auf deren unmittelbaren oder mittelbaren Rechtsnachfolger abzustellen. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die vorstehenden Sätze entsprechend; der Stundungszeitraum richtet sich nach der vom Finanzamt eingeräumten Frist; die Erhebung von Jahresraten entfällt auf Antrag des Steuerpflichtigen; über Satz 5 hinaus wird die noch nicht entrichtete Steuer auch innerhalb eines Monats nach Eintritt des Ereignisses fällig, wonach der Steueranspruch nicht mehr nach Absatz 3 entfallen kann oder der Wegfall der Rückkehrabsicht gegenüber dem Finanzamt mitgeteilt wird. Soweit die Steuer nicht nach Absatz 3 entfällt und der Steuerpflichtige auf die Leistung von Jahresraten verzichtet hat, sind für die Dauer des gewährten Zahlungsaufschubs Zinsen in entsprechender Anwendung des § 234 der Abgabenordnung zu erheben.
  5. Der Steuerpflichtige oder sein Gesamtrechtsnachfolger hat dem Finanzamt, das in den in Absatz 1 genannten Zeitpunkten nach § 19 der Abgabenordnung zuständig ist, nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck die Verwirklichung eines der Tatbestände des Absatzes 4 Satz 5 oder 7 mitzuteilen. Die Mitteilung ist innerhalb eines Monats nach dem meldepflichtigen Ereignis zu erstatten; sie ist vom Steuerpflichtigen eigenhändig zu unterschreiben. Der Steuerpflichtige oder sein Gesamtrechtsnachfolger hat dem nach Satz 1 zuständigen Finanzamt jährlich bis zum 31. Juli schriftlich seine aktuelle Anschrift mitzuteilen und zu bestätigen, dass die Anteile ihm oder im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 seinem Rechtsnachfolger weiterhin zuzurechnen sind.

Die Übergangsvorschrift § 21 AStG lautet:
(2) § 6 in der am … [einsetzen: Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung ist auf noch am 31. Dezember 2020 laufende Stundungen im Sinne des § 6 Absatz 4 und 5 in der am ... [einsetzen: Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung sowie auf noch laufende Fristen im Sinne des § 6 Absatz 3 in der am ... [einsetzen: Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung weiterhin anzuwenden. Abweichend von Satz 2 sind Minderungen des Vermögenszuwachses im Sinne des § 6 Absatz 6 in der am ... [einsetzen: Tag der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes] geltenden Fassung auf Veräußerungen nach dem 31. Dezember 2020 nicht mehr zu berücksichtigen.

Teil 1

A - Zweck
- Rechtsentwicklung
C - Drei Fälle der Veräußerungsfiktion

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Teil 3

G - Probleme der Doppelbesteuerung
H - Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung 

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