Stille Reserven in Kapitalgesellschaftsanteilen
Teil 3
A - Probleme der Doppelbesteuerung
Wenn die Anteile nach dem Wegzug tatsächlich veräußert werden, kann es zur Doppel- oder sogar Mehrfachbesteuerung kommen, weil die stillen Reserven/der Veräußerungsgewinn
- gem. § 6 Abs. 1 AStG,
- ggf. im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG
- sowie im Zuzugsstaat als (neuem) Ansässigkeitsstaat besteuert wird.
Konkurrenz Wegzugsbesteuerung und beschränkte Steuerpflicht
Eine Doppelbesteuerung von § 6 Abs. 1 AStG und § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG wird dadurch vermieden, dass die Anteile zum gemeinen Wert erworben gelten, soweit der Steuerpflichtige die Wegzugssteuer gezahlt hat (Step-Up), § 6 Abs. 1 Satz 3 AStG 2022.
Wird in einem EU-/EWR-Sachverhalt die Stundung nach § 6 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 AStG 2007 widerrufen, weil der Steuerpflichtige seine Anteile veräußert, erlaubt § 6 Abs. 6 AStG 2007 bis einschließlich VZ 2021 eine nachträgliche Anpassung des fiktiven Veräußerungsgewinns nach § 6 Abs. 1 AStG. Die Anpassung des fiktiven Veräußerungsgewinns nach § 6 Abs. 1 AStG wird dann gewährt, wenn die Wertminderung nicht auf gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen (z.B. Gewinnausschüttung, Kapitalherabsetzung) beruht. Verfahrensrechtlich liegt ein nachträgliches Ereignis vor, so dass der Steuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO zu ändern ist.
Obwohl die Stundung nach Abs. 5 nach dem 1.1.2021 weiter besteht, sind Minderungen des Vermögenszuwachses im Sinne des Abs. 8 nach dem 31.12.2020 nicht mehr zu berücksichtigen (§ 21 Abs. 2 Satz 2 AStG 2022).
Konkurrenz beschränkte Steuerpflicht / Steuerpflicht im Zuzugsstaat
Eine Doppelbesteuerung aufgrund § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit e) EStG und der einschlägigen Besteuerungsnorm des Zuzugsstaates wird im Falle eines DBA im Regelfall durch den Ansässigkeitsstaat im Wege der Freistellung oder Anrechnung vermieden. Bei Vorliegen eines DBA steht nach dem Wegzug das Besteuerungsrecht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach den meisten DBA dem Ansässigkeitsstaat (also dem Zuzugsstaat) zu (vgl. Art. 13 Abs. 5 OECD-MA). Da Deutschland somit einen tatsächlichen Veräußerungsgewinn nicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG besteuert, kommt es nicht zu einer doppelten Besteuerung.
Besteht dagegen zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat kein Doppelbesteuerungsabkommen, besteuert Deutschland einen tatsächlichen Veräußerungsgewinn nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 lit. e) EStG. Deutschland besteuert jedoch nur die stillen Reserven, die nach dem Wegzug entstanden sind, weil die Wegzugssteuer im Zeitpunkt des Wegzugs die Anschaffungskosten für die Beteiligung erhöht. Eine doppelte Besteuerung der stillen Reserven nach Wegzug kann nur vermieden werden, wenn der Zuzugsstaat (=Ansässigkeitsstaat) die in Deutschland gezahlte Steuer anrechnet. Dies hängt vom nationalen Recht des Zuzugsstaates ab.
Konkurrenz Wegzugsbesteuerung / Steuerpflicht im Zuzugsstaat
Ob es im Verhältnis zwischen § 6 AStG und der Besteuerung im Ausland zu einer doppelten Besteuerung kommt, hängt davon ab, ob der Zuzugsstaat den gesamten Wertzuwachs ab dem Erwerb der Beteiligung oder nur den Wertzuwachs ab dem Zuzugszeitpunkt besteuert.
Besteuert der Zuzugsstaat den gesamten Wertzuwachs und nicht nur den Wertzuwachs ab Zuzug, ist eine Doppelbesteuerung nicht zu vermeiden, und zwar unabhängig davon, ob ein DBA besteht oder nicht. Im DBA-Regelfall stünde der gesamte Veräußerungsgewinn dem Zuzugsstaat zu. Im Nicht-DBA-Fall würde der Zuzugsstaat vermutlich zwar die Steuer nach § 49 EStG, nicht aber die Steuer gem. § 6 AStG anrechnen. Da die Steuer nach § 49 EStG auf der gem. § 6 Abs. 1 Satz 5 AStG geminderten Bemessungsgrundlage erhoben wird, geht eine Anrechnung ins Leere.
Eine Doppelbesteuerung ließe sich daher nur in den Fällen ausschließen, in denen der Zuzugsstaat aufgrund seiner nationalen Steuerregelung oder aufgrund einer abkommensrechtlichen Verpflichtung nur den Wertzuwachs ab Zuzug besteuert. Dies ist jedenfalls in den DBA-Österreich und DBA-Schweiz der Fall.
- Nach Art. 13 Abs. 6 Satz DBA-Österreich sind für die Besteuerung im Wegzugsstaat und Zuzugsstaat identische Bemessungsgrundlagen zugrunde zu legen: „Besteuert der erstgenannte Vertragsstaat bei Wegzug einer in diesem Staat ansässigen natürlichen Person den Vermögenszuwachs, so wird bei späterer Veräußerung der Anteile, wenn der daraus erzielte Gewinn in dem anderen Staat gemäß Absatz 5 besteuert wird, dieser Staat bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Anschaffungskosten den Betrag zugrunde legen, den der erstgenannte Staat im Zeitpunkt des Wegzugs als Erlös angenommen hat.“
- Bei Wegzug in die Schweiz stellt Art. 13 Abs. 5 DBA-Schweiz durch Wertanknüpfung bei Zuzug sicher, dass es bei einer nachfolgenden tatsächlichen Veräußerung nicht zur Doppelbesteuerung kommt: „Besteuert ein Vertragstaat bei Wegzug einer in diesem Staat ansässigen natürlichen Person den Vermögenszuwachs, der auf eine wesentliche Beteiligung an einer in diesem Staat ansässigen Gesellschaft entstanden ist, so wird bei späterer Veräußerung der Beteiligung, wenn der daraus erzielte Gewinn in dem anderen Staat gemäß Absatz 3 besteuert wird, dieser Staat bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Anschaffungskosten den Betrag zugrunde legen, den der erstgenannte Staat im Zeitpunkt des Wegzugs als Erlös angenommen hat.“
B - Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung
Um die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG zu vermeiden, hat der Gesetzgeber bislang keine Überlegungen angestrengt, dem Steuerpflichtigen ein sicheres „Verstrickungsmodell“ zur Verfügung zu stellen, welches die Wegzugssteuer vermeidet, das deutsche Besteuerungsrecht erhält und damit sowohl die Interessen des Steuerpflichtigen als auch die des Fiskus angemessen berücksichtigt. [1] Aus § 50i EStG, welcher durch Gesetz vom 26.06.2013 (BStBl. I S. 1809) eingeführt worden ist, lässt sich jedenfalls rückblickend ableiten, dass der Gesetzgeber die Einlage von Kapitalgesellschaftsanteilen in eine gewerblich geprägten Personengesellschaft als sichere Verstrickung beurteilte. Dies gilt aber nur für Einlagen, die vor dem 29.06.2013 erfolgt sind. Für gegenwärtige Fälle steht ein einfaches und gestaltungssicheres Verstrickungsmodell nicht zur Verfügung.
Gestaltungsüberlegungen knüpfen daran an, die Anteile in einem Betriebsvermögen zu verstricken, welches die Qualität einer Betriebsstätte hat. Aufgrund des Betriebsstättenvorbehalts in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen (z.B. Art. 13 Abs. 2 OECD-MA) blieben die Anteile auch im Falle eines Wegzugs des Steuerpflichtigen in Deutschland steuerverstrickt. Denkbar ist die Einlage der Beteiligung in das Einzelbetriebsvermögen des Anteilsinhabers (dazu 1.) oder in eine gewerbliche Personengesellschaft (dazu 2.). Beide Gestaltungen haben Tücken.
Einlage in ein Betriebsvermögen des Einzelunternehmers
Eine Möglichkeit, die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden, besteht darin, die Beteiligung vom Privatvermögen in ein Betriebsvermögen des Anteilseigners einzulegen. Dies macht aber natürlich nur Sinn, wenn nicht bereits durch die Einlage die stillen Reserven in den Anteilen entstrickt würden, weil die Einlage grundsätzlich zum Teilwert erfolgt. § 6 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) EStG erlaubt jedoch ausnahmsweise die (steuerneutrale) Einlage zu den Anschaffungskosten.
Wichtig ist, dass die Anteile Betriebsvermögenseigenschaft erlangen, also dem Betrieb dienen. [2] Es muss ein funktionaler Zusammenhang mit dem Betrieb bestehen, was ggf. schon dadurch erreicht wird, dass durch die Einlage der Kapitalgesellschaftsanteile das Betriebskapital gestärkt wird. Ferner muss das Betriebsvermögen insgesamt einer deutschen Betriebsstätte (feste Geschäftseinrichtung) zuordenbar sein, weil ansonsten der Betriebsstättenvorbehalt nicht eingreift.
Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Steuerpflichtigen entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Steuerpflichtigen zu gewährleisten. Eine Förderung in der ersten Alternative erfordert, dass der Steuerpflichtige seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Wohle seines Einzelgewerbebetriebs einsetzt. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Einzelgewerbebetrieb eine intensive und nachhaltige Geschäftsbeziehung besteht, die sich für den Einzelgewerbebetrieb als erheblich vorteilhaft erweist und dieser Vorteil seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen einer derartigen Geschäftsbeziehung wird die Kapitalbeteiligung erst recht zum Zwecke der Förderung des Einzelgewerbebetriebs eingesetzt, wenn diesem hierdurch fremdunübliche Vorteile verschafft werden. [3]
Missbrauchserwägungen stehen einer solchen Gestaltung m.E. nicht entgegen, da durch die Einlage der Anteile regelmäßig die Kreditwürdigkeit des Einzelunternehmers erhöht wird, was als außersteuerlicher Grund anzuerkennen ist. [4]
Das eigentliche Gestaltungsrisiko besteht darin, dass auch der Wegzug mit Betriebsvermögen eine Wegzugsbesteuerung auslösen kann, § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Dies gilt für die stillen Reserven derjenigen Wirtschaftsgüter, die nicht betriebsstättengebunden und daher regelmäßig dem Ort der Geschäftsleitung zuzuordnen sind. Dies betrifft vor allem immaterielle Wirtschaftsgüter. Aber auch die hier in Rede stehenden Kapitalgesellschaftsanteile können betroffen sein, wenn das Betriebsvermögen nicht als Betriebsstätte zu qualifizieren ist. Zieht der Einzelbetriebsinhaber dann ins Ausland, dürfte sich dadurch auch der Ort der Geschäftsleitung ins Ausland verlagern, so dass es zu einer Besteuerung der stillen Reserven in solchen Wirtschaftsgütern käme.
Es ist daher sicherzustellen, dass auch nach Wegzug die Beteiligung einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet wird. Allein die Erfassung im Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte genügt nicht. Zuordnungsmaßstab ist das Veranlassungsprinzip, welches der BFH in seinem Urteil vom 29.11.2017, I R 58/15, speziell für den Fall der Betriebsstättenzurechnung bei einer Mitunternehmerschaft konkretisiert hat, welches aber auch für die Zuordnung zwischen Betriebsstätte und Stammhaus eines Einzelunternehmens anzuwenden ist. Übt der Gesellschafter einer inländischen KG im Ausland eine (weitere) eigene unternehmerische Tätigkeit aus, bedürfe es der Prüfung, ob die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens der inländischen Betriebsstätte der KG oder der durch die eigene Tätigkeit des Gesellschafters begründeten ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Je umfangreicher die unternehmerische Tätigkeit im Ausland ist, desto eher lässt sich nach Ansicht des BFH ein Veranlassungszusammenhang zum Stammhaus oder einer Auslandsbetriebsstätte begründen. Zur Vermeidung einer Besteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG sollte der Wegzügler daher im besten Fall keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit im Ausland ausüben.
Einlage in eine Personengesellschaft
- Vorüberlegungen
Die Einlage in eine Personengesellschaft beruht auf der Gestaltungsüberlegung, dass § 6 AStG nur Anteile an Kapitalgesellschaften im Sinne von § 17 EStG erfasst. Unstrittig gehören Personengesellschaftsbeteiligungen nicht dazu.
Sind die Kapitalgesellschaftsanteile Betriebsvermögen einer gewerblichen Personengesellschaft, bleiben die stillen Reserven in den eingelegten Kapitalgesellschaftsanteilen aufgrund des Betriebsstättenvorbehalts im Inland steuerverstrickt. Die Personengesellschaft vermittelt ihren Gesellschaftern anteilig eine Betriebsstätte, wenn die Geschäftseinrichtung der Personengesellschaft selbst als Betriebsstätte zu qualifizieren ist.
Wie bei der Einlage in ein Einzelbetriebsvermögen ist natürlich auch bei der Einlage in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft zunächst zu prüfen, ob die Einlage steuerneutral erfolgen kann.
Eine Gewinnrealisierung ergibt sich nicht aus § 17 EStG. Die Einlage in eine Personengesellschaft führt nicht zu einer gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG Gewinn realisierenden Einlage, weil die (verdeckte) Einlage nicht in eine Kapitalgesellschaft erfolgt. Es sind mithin die allgemeinen Bewertungsvorschriften – hier: § 6 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) EStG – zu prüfen. Danach kann die Kapitalgesellschaftsbeteiligung nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 lit. b) EStG grundsätzlich steuerneutral zu Anschaffungskosten in eine Personengesellschaft eingelegt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass kein Tausch vorliegt. Dem Gesellschafter dürfen also keine Gesellschaftsrechte oder andere Gegenleistungen gewährt werden. Bei Annahme eines Tausches läge eine Veräußerung vor mit der Folge, dass die stillen Reserven in den Anteilen zu besteuern wären.
Keine Gegenleistung liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung vor, wenn der Gegenwert der Einlage ausschließlich auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto verbucht wird. [5] Wichtig ist, dass der volle Gegenwert dem Rücklagenkonto gutgeschrieben wird. Im Urteil vom 24.01.2008 [6] hat der 4. Senat des BFH entschieden, dass volle Entgeltlichkeit vorliegt, wenn der Gegenwert der Einlage teilweise - wenn auch nur zu einem geringen Teil - dem Kapitalkonto I gutgeschrieben wird. Diesem BFH-Urteil lag der Fall zugrunde, dass der Gegenwert der Einlage zu einem geringen Teil auch dem Kapitalkonto I gutgeschrieben worden ist. Noch nicht entschieden ist der Fall, dass die Gegenleistung ausschließlich dem gesamthänderischen Rücklagenkonto gutgeschrieben wird. Die Praxis kann sich m.E. nach wie vor an der Verwaltungsauffassung orientieren.
Setzt demnach der Tatbestand der Einlage voraus, dass der Gegenwert auf dem gesamthänderischen Rücklagenkonto verbucht wird, dürfte die Einlage bei Personengesellschaften, an denen mehrere (insbesondere fremde) Gesellschafter beteiligt sind, praktisch daran scheitern, dass die Mitgesellschafter durch die Einlage bereichert werden würden, sofern sie nicht ihrerseits entsprechende Einlagen leisten würden. Eine solche schenkweise Bereicherung dürfte im Regelfall – auch wegen anfallender Schenkungssteuer [7] – nicht beabsichtigt sein. Seit dem Urteil des BFH vom 29.07.2015 [8] könnte sich dieses Problem indes erledigt haben. Danach gilt: Überträgt der Kommanditist einer KG dieser ein Wirtschaftsgut, dessen Gegenwert allein seinem Kapitalkonto II gutgeschrieben wird, liegt keine Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern eine Einlage vor, wenn sich nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag der KG die maßgeblichen Gesellschaftsrechte nach dem aus dem Kapitalkonto I folgenden festen Kapitalanteil richten (gegen BMF v. 11.7.2011, DStR 2011, S. 1319, unter I.2.).
Ebenfalls läge ein Tausch vor, wenn die Einlage gegen Darlehen (Gutschrift des Gegenwertes auf Privatkonto / Darlehenskonto) erfolgt.
Ein Sonderfall des Tausches ist die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Mitunternehmerschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (§ 24 UmwStG). Die Anwendung von § 24 UmwStG zur Gestaltung einer steuerneutralen Überführung eines Anteils im Sinne von § 17 EStG in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft scheidet aus. § 24 UmwStG setzt die Einbringung von Betriebsvermögen voraus, was bei einem Anteil im Sinne von § 17 EStG nicht der Fall ist. § 24 UmwStG findet auch keine Anwendung auf die Einbringung einer 100%-Beteiligung, die im Privatvermögen gehalten wird. Daran ändert auch die Teilbetriebsfiktion des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Satz 2 EStG nichts. [9] - Einlage in vermögensverwaltende Personengesellschaft, Beispiel 13 lit. a)
Die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft vermittelt anteilig eine Beteiligung i. S. v. § 17 EStG. Das Ziel, eine Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft zu vermeiden, wird so nicht erreicht. Zudem vermittelt eine vermögensverwaltende Personengesellschaft keine gewerbliche Betriebsstätte i. S. v. Art. 5 und Art. 7 OECD-MA. - Einlage in gewerblich geprägte Personengesellschaft, Beispiel 13 lit. b)
Anteile an einer originär gewerblichen Personengesellschaft sind keine Anteile i. S. v. § 17 EStG, so dass eine Einlage die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG ausschließt.
Hingegen beruht die Gewerblichkeit bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auf einer gesetzlichen Fiktion. Die Finanzverwaltung ging in ihrem BMF-Schreiben vom 16.4.2010 noch davon aus, dass auch vermögensverwaltende, (aber) gewerblich geprägte Personengesellschaften abkommensrechtlich unternehmerische Einkünfte generieren. [10] Diese Auffassung hat sie im neuen BMF-Schreiben vom 26.09.2014 [11] aufgegeben und sich der Auffassung der h.M. im Schrifttum sowie der Rechtsprechung der Finanzgerichte und des BFH [12] angeschlossen.
Für Altfälle (Stichtag 29.06.2013) hat der Gesetzgeber durch § 50i Abs. 1 EStG die (alte) Auffassung der Finanzverwaltung anerkannt, jedoch ungeachtet eventuelle entgegenstehender DBA-Regelungen eine Nachversteuerung im Falle einer späteren Veräußerung oder Entnahme angeordnet. Altfälle sind damit gestaltungssicher, solange die Anteile nicht veräußert oder entnommen werden.
§ 50i EStG hat folgende kumulativen Voraussetzungen:
a. Vor dem 29.06.2013 wurden Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens oder Anteile im Sinne des § 17 EStG in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 EStG (Hauptanwendungsfall: gewerblich geprägte Mitunternehmerschaft) übertragen oder überführt.
b. Eine Besteuerung der stillen Reserven ist im Zeitpunkt der Übertragung oder Überführung unterblieben.
c. Das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter oder Anteile ist ausgeschlossen oder beschränkt worden.
Rechtsfolge von § 50i Abs. 1 Satz 1 EStG ist, dass ein Veräußerungs- oder Entnahmegewinn, den ein Steuerpflichtiger nach seinem Wegzug erzielt und der an sich aufgrund seiner DBA-Ansässigkeit im Ausland in Deutschland nicht steuerpflichtig wäre, gleichwohl – ungeachtet entgegenstehender DBA-Regelungen – in Deutschland zu versteuern ist. Durch diesen Treaty Override wird das Vollzugsdefizit der Finanzverwaltung korrigiert.
Für Neufälle ab dem 30.06.2013 gilt die Sichtweise des BFH, welcher sich nunmehr auch die Finanzverwaltung angeschlossen hat (siehe BMF-Schreiben vom 26.06.2014). [13]
Es ist daher nach nunmehr unbestrittener Auffassung davon auszugehen, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft abkommensrechtlich kein Unternehmen ist und eine solche Gesellschaft ihren Gesellschaftern damit auch keine Betriebsstätte vermittelt (Qualifikationskonflikt) mit der Folge, dass der abkommensrechtliche Betriebsstättenvorbehalt (z.B. § 13 Abs. 2 OECD-MA) nicht greifen und Deutschland sein Besteuerungsrecht im Falle eines Wegzugs des Gesellschafters verlieren würde. Denn die meisten DBA kennen keine unternehmerische Tätigkeit kraft Prägung, sondern nur eine originäre unternehmerische Tätigkeit. Daraus folgt, dass die Einbringung in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft zwar die Wegzugsbesteuerung in Deutschland gem. § 6 AStG vermeidet. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass aus deutscher Sicht Betriebsvermögen verlagert wird, was gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG als Entnahme zu werten ist. Die eingelegten Kapitalgesellschaftsanteile sind mangels unternehmerischer Tätigkeit im abkommensrechtlichen Sinne aber nicht Betriebsstätten gebunden. Demnach geht bei einem Wegzug das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich der Kapitalgesellschaftsanteile verloren. Die stillen Reserven in den Anteilen könnten dann gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG im Wegzugsfall besteuert werden. [14]
Von einer Einbringung in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft zur Lösung des Wegzugsbesteuerungsproblems ist daher abzuraten. - Einlage in eine ausländische Personengesellschaft, Beispiel 12 lit. c)
Die Einlage von Anteilen in eine ausländische Personengesellschaft ist erst recht keine Lösung, weil dieser Vorgang bereits gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AStG der Wegzugsbesteuerung unterliegt. - Einlage in originär gewerbliche Personengesellschaft, Beispiel 12 lit. d)
Hat eine inländische originär gewerblich tätige Personengesellschaft eine inländische Betriebsstätte, was im Regelfall anzunehmen ist, vermittelt die Beteiligung an einer Personengesellschaft dem Gesellschafter eine Betriebsstätte. Verzieht der Gesellschafter ins Ausland, bleibt das Betriebsstättenvermögen damit im Inland verstrickt (Art. 5, 7 OECD-MA). Sind Kapitalgesellschaftsanteile Betriebsvermögen einer solchen Personengesellschaft, dann führt ein Wegzug weder zur Entstrickung nach § 6 AStG noch nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG.
Die Einlage von Anteilen i. S. v. § 17 EStG in eine originär gewerbliche Personengesellschaft vermeidet daher nicht nur die Voraussetzungen des § 6 AStG, sondern ebenso die Entstrickung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG. Aber auch diese Gestaltung hat ihre Risiken.
§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG ist nur ausgeschlossen, soweit das Betriebsvermögen der Personengesellschaft der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Ist der wegziehende Gesellschafter zugleich Geschäftsleiter, ist ferner zu prüfen, ob durch den Wegzug der Ort der Geschäftsleitung verlegt wird. Ist dies der Fall, so könnte eine Entstrickung hinsichtlich solcher Wirtschaftsgüter anzunehmen sein, die gemeinhin der Geschäftsleitung zuzuordnen sind. Dies sind vor allem immaterielle Wirtschaftsgüter und Firmenwert. Es muss also sichergestellt sein, dass auch nach Wegzug des Gesellschafters der Geschäftsleitungsort im Inland ist. Es stellt sich mithin die gleiche Problematik wie bei der Einlage der Kapitalgesellschaftsanteile in ein Einzelbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen.
Einlage in Sonderbetriebsvermögen
Eine betriebliche Verstrickung von Anteilen im Sinne des § 17 EStG würde auch durch eine Einlage in ein Sonderbetriebsvermögen erfolgen. Werden die Anteile (ggf. gewillkürtes) Sonderbetriebsvermögen, liegen die Voraussetzungen des § 17 EStG nicht vor, weil die Anteile nicht mehr privat, sondern betrieblich gehalten werden. [15] Deutschland behält im Falle des Wegzugs nach nationalem Recht das Besteuerungsrecht, wenn das Sonderbetriebsvermögen einer inländischen Betriebsstatte zuordenbar ist (Betriebsstättenvorbehalt, § 49 Abs. 1 Nr. 2 a) EStG).
Sonderbetriebsvermögen würde voraussetzen, dass die Anteile der Mitunternehmerschaft zur Nutzung überlassen werden (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Anteile die Beteiligung des Mitunternehmers an der Mitunternehmerschaft stärken (Sonderbetriebsvermögen II). Darstellbar ist beispielsweise eine Stärkung der Mitunternehmerstellung, also die Begründung von Sonderbetriebsvermögen II, wenn die Anteile der Stärkung des Betriebskapitals dienen.
Es besteht jedoch ein vergleichbarer Qualifikationskonflikt wie im Fall der Einbringung in eine gewerblich geprägte Personengesellschaft. Die meisten DBA kennen kein Sonderbetriebsvermögen, so dass abkommensrechtlich keine unternehmerische Beteiligung vorläge, die im Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners besteuert werden würde. Abkommensrechtlich verlöre Deutschland durch einen Wegzug mithin sein Besteuerungsrecht, so dass das Risiko einer Besteuerung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG besteht.
Die DBA-Österreich und DBA-Schweiz enthalten in Art. 7 Abs. 7 jeweils eine Regelung für Sonderbetriebseinnahmen. Danach gehören zum Unternehmensgewinn auch Vergütungen, die ein Gesellschafter einer Personengesellschaft von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, für die Gewährung von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht, wenn diese Vergütungen nach dem Steuerrecht des Vertragsstaats, in dem die Betriebsstätte gelegen ist, den Einkünften des Gesellschafters aus dieser Betriebsstätte zugerechnet werden. Danach dürfte bei einem Wegzug nach Österreich die Einlage in das Sonderbetriebsvermögen einer inländischen Mitunternehmerschaft die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG vermeiden, wenn die Anteile einer inländischen Betriebsstätte zuordenbar sind.
Formwechsel in Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft)
Anstelle der Einbringung der Anteile in ein Betriebsvermögen könnte die Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) formgewechselt werden. Die Wirtschaftsgüter der GmbH können zu Buchwerten in die Personengesellschaft eingebracht werden, wenn sie Betriebsvermögen der Personengesellschaft werden und das Besteuerungsrecht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter weder ausgeschlossen noch beschränkt ist. Dies setzt voraus, dass die Personengesellschaft allein in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält und die übertragenen Wirtschaftsgüter dieser Betriebsstätte zuzurechnen sind. Neben den Gesellschaftsrechten an der Personengesellschaft darf keine Gegenleistung gewährt werden (§ 9 Satz 1 UmwStG i.V. mit § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UmwStG).
Nach § 5 Abs. 2 UmwStG gelten die Anteile als mit den Anschaffungskosten in das Betriebsvermögen eingelegt. Um den Übernahmegewinn nach § 5 zu ermitteln sind vom Buchwert des Eigenkapitals die Anschaffungskosten der Beteiligung abzuziehen (Übernahmeergebnis 1. Stufe). Vom Übernahmeergebnis 1. Stufe sind nach § 7 UmwStG die offenen Rücklagen (vermindert um das steuerliche Einlagenkontos (§ 27 KStG)) abzuziehen (Übernahmeergebnis 2. Stufe). Das Übernahmeergebnis 2. Stufe ist vom Gesellschafter zu versteuern (Teileinkünfteverfahren).
Der Formwechsel ist zwar bezogen auf die Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft steuerneutral. Der Gesellschafter hat indes ggf. einen Übernahmegewinn zu versteuern.
Im Wegzugsfall würde nach dem Formwechsel der Gesellschafter durch die inländische Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erzielen. Die Doppelbesteuerung im Zuzugsstaat müsste der Zuzugsstaat als neuer Ansässigkeitsstaat durch Freistellung oder Anrechnung der deutschen Betriebsstätteneinkünfte vermeiden.
Wertpapierpensionsgeschäft, Wertpapierleihe
Eine weitere Gestaltungsüberlegung, die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden, ist die Vereinbarung eines Wertpapierpensionsgeschäfts oder einer Wertpapierleihe.
Bei einem echten Wertpapierpensionsgeschäft (§ 340b HGB) werden Wertpapiere entgeltlich mit der Verpflichtung übertragen, dass der Erwerber (Pensionsnehmer) die Wertpapiere zu einem bestimmten oder vom Veräußerer (Pensionsgeber) noch zu bestimmenden Zeitpunkt auf ihn zurücküberträgt. In diesem Fall sind die übertragenen Wertpapiere ununterbrochen in der Bilanz des Pensionsgebers auszuweisen.
Bei einem Wertpapierleihgeschäft werden Wertpapiere mit der Verpflichtung übereignet, dass der „Entleiher” nach Ablauf der vereinbarten Zeit Papiere gleicher Art, Güte und Menge zurückübereignet und für die Dauer der „Leihe” ein Entgelt entrichtet. Die Wertpapierleihe ist zivilrechtlich keine Leihe sondern Sachdarlehen. Der Verleiher ist verpflichtet, dem Entleiher rechtliches und in der Regel auch wirtschaftliches Eigentum zu verschaffen. Er erhält im Gegenzug einen Sachdarlehensrückgewähranspruch sowie eine Entschädigung für entgangene Dividenden.
Vereinbart der Steuerpflichtige vor seinem Wegzug über die von ihm gehaltenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft eine solche Wertpapierleihe, wäre er im Zeitpunkt des Wegzugs nicht mehr Inhaber der Anteile sondern Inhaber eines Sachdarlehensrückgewähranspruchs.
Hier stellen sich nun zwei Fragen: (1.) Kann die Wertpapierleihe so gestaltet werden, dass bei Übertragung auf den Entleiher keine stillen Reserven in den übertragenen Anteilen realisiert werden? (2.) Ist der Darlehensrückgewähranspruch eine Anwartschaft im Sinne von § 17 EStG mit der Folge, dass die stillen Reserven in dem Anwartschaftsrecht der Wegzugsbesteuerung unterliegen würden?
Die erste Frage ist wohl zu bejahen. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kommt es nicht zu einer Aufdeckung der in den verliehenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven. [16] „Mit der zivilrechtlichen Übertragung des Eigentums ist die Darlehensvaluta auch steuerlich dem Darlehensnehmer („Entleiher”) zuzurechnen, da er auch im wirtschaftlichen Sinne Eigentümer ist. Eine Zurechnung beim Darlehensgeber ist demgemäß ausgeschlossen. Durch diese Behandlung wird auch vermieden, dass bei einer anschließenden Übereignung der Wertpapiere durch den Darlehensnehmer an einen Dritten die Wertpapiere doppelt – nämlich sowohl beim Darlehensgeber als auch bei dem Dritten – erfasst werden. Bei dem Darlehensgeber tritt an die Stelle der Wertpapiere eine Forderung auf Wertpapiere gleicher Art, Güte und Menge. Die Sachforderung ist das Surrogat für die Sache selbst. Unter diesem Blickwinkel ist die Sachforderung mit dem Buchwert der hingegebenen Wertpapiere anzusetzen. Eine Gewinnrealisierung aufgrund der ggf. in den Wertpapieren enthaltenen stillen Reserven (z. B. durch Kurssteigerungen) tritt durch diesen Aktivtausch nicht ein.“
Der BFH folgt dieser Sichtweise. [17]
Die zweite Frage ist ungeklärt. Die Wertpapierleihe ist als Gestaltungsansatz untauglich, wenn der Sachdarlehensrückgewähranspruch eine Anwartschaft im Sinne von § 17 EStG ist. Dass die Sachforderung eine Anwartschaft auf eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung ist, dürfte außer Frage stehen. Strittig ist aber, ob § 17 EStG nur sog. vertikale Anwartschaften oder auch sog. horizontale Anwartschaften erfasst. FG Schleswig-Holstein hat dies bejaht. [18] Der BFH hat die eigentliche Streitfrage aus tatsächlichen Gründen offen gelassen. [19]
Wie auch immer die Streitfrage zu entscheiden sein mag, die Wertpapierleihe ist jedenfalls kein sicheres Mittel, eine Wegzugsbesteuerung zu vermeiden.
Abschließender Fall zu § 6 AStG
Der in Deutschland lebende Schweizer V hatte 1990 Anteile i. H. v. 30 % an einer süddeutschen Handels-GmbH zum Preis von umgerechnet 500.000 Euro erworben. Diese übertrug er im Jahr 2005, als sie einen gemeinen Wert von umgerechnet 750.000 Euro hatten, unentgeltlich auf seinen Sohn S, der seit 2004 in Deutschland lebt und ebenfalls die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt.
S verlegte seinen Wohnsitz Anfang 2009 zurück in die Schweiz. Zu diesem Zeitpunkt betrug der gemeine Wert der Anteile 1.000.000 Euro.
Bei Veräußerung der Anteile Mitte 2009 erzielte er 1.250.000 Euro.
Welche einkommensteuerrechtlichen Folgen sind aus dem Sachverhalt für das Jahr 2009 zu ziehen?
Lösungsvorschlag:
I. Steuerliche Auswirkungen der Wohnsitzverlegung in Deutschland gem. § 6 Abs. 1 AStG im Jahr 2009
- 10-jährige unbeschränkte Steuerpflicht des S im Inland (-), aber Zurechnung der Ansässigkeit des V gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 AStG.
- Ende der unbeschränkten Steuerpflicht durch Wohnsitzaufgabe im Inland (+)
- Voraussetzungen des § 17 EStG (ohne Veräußerung)
- Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Wegzüglers (+)
S ist unmittelbar beteiligt. - Zu mindestens 1 % am Kapital der Gesellschaft (+)
- Innerhalb der letzten 5 Jahre (+)
- Unmittelbare oder mittelbare Beteiligung des Wegzüglers (+)
- Wert des Veräußerungsgewinns gem. § 17 EStG i. V. m. § 6 AStG
An die Stelle des Veräußerungspreises tritt der gemeine Wert im Zeitpunkt des Wegzugs: 1.000.000 Euro. Bei unentgeltlichem Erwerb sind gem. § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers in Höhe von 500.000 Euro einzubeziehen. Schließlich findet das Halbeinkünfteverfahren gem. § 3 Nr. 40 c) EStG Anwendung.
Rechnung:
Gemeiner Wert bei Wegzug | 1.000.000 | |
./. 40% gem. § 3 Nr. 40 lit. C) EStG: | - 400.000 | |
./. AK, § 17 abs. 2 Satz 3 EStG | - 500.000 | |
+ 40% gem. § 3c Abs. 2 EStG | + 200.000 | |
Fiktiver (stpfl.) Veräußerungsgewinn | 300.000 |
II. Steuerliche Auswirkungen der Veräußerung in Deutschland
- Beschränkte Steuerpflicht
Als Steuerausländer gem. § 1 Abs. 4 EStG mit Einkünften gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 e) EStG - Vermeidung durch DBA?
a. DBA-Schutz gem. Art. 4 DBA-Schweiz
Problem: 5-Jahres-Regelung des Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz? – Hier steht die Bestimmung dem DBA-Schutz nicht entgegen, weil S Schweizer ist.
b. Zuteilung des Besteuerungsrechts
Grundsatz: Besteuerungsrecht der Schweiz als Ansässigkeitsstaat, Art. 13 Abs. 3 und Art. 4 DBA-Schweiz
Aber Übergangszeit gem. § 13 Abs. 4 DBA-Schweiz, wonach Gewinne aus der vollen oder teilweisen Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer Gesellschaft in dem Vertragsstaat besteuert werden können, in dem die Gesellschaft ansässig ist, sofern der in dem anderen Vertragsstaat ansässige Veräußerer eine natürliche Person ist, die im Laufe der fünf Jahre vor der Veräußerung im erstgenannten Vertragsstaat ansässig war und die in dem anderen Staat für den Veräußerungsgewinn keiner Steuer unterliegt. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel am Kapital der Gesellschaft beteiligt war.
Deutschland bleibt das Besteuerungsrecht als Ansässigkeitsstaat vor der Veräußerung erhalten, wenn es sich um eine wesentliche Beteiligung von mehr als 25 % handelt. (Die Wesentlichkeitsgrenze nach DBA wurde nicht abgesenkt.)
è Keine Vermeidung der Besteuerung in Deutschland durch DBA. - Wert des zu versteuernden Vermögensgewinns
Veräußerungserlös | 1.250.000 | |
./. 40% gem. § 3 Nr. 40 lit. C) EStG: | - 500.000 | |
./. AK, § 17 abs. 2 Satz 3 EStG | - 500.000 | |
+ 40% gem. § 3c Abs. 2 EStG | + 200.000 | |
Veräußerungsgewinn | 450.000 | |
./. versteuerter Vermögenszuwachs, § 6 Abs. 1 Satz 5 AStG | - 300.000 | |
Zu versteuernder Gewinn | 150.000 |
III. Steuerliche Auswirkungen in der Schweiz
In der Schweiz wird der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht besteuert.
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