DEUTSCHLAND IM WETTBEWERB
Was will eigentlich das BSW?
Es wurde voll auf dem Podium beim Gespräch über die Newcomer-Partei. Nur die Hauptperson fehlte.
Wirtschaftsfeindliche Positionen
Auch manche Vertreter aus der Wirtschaft wehren sich nicht kategorisch gegen das Konzept der Umverteilung, und möglicherweise gäbe es bei einigen sogar Verständnis für Steuererhöhungen bei Besserverdienenden, wenn die Einnahmen richtig eingesetzt würden. Auf wenig Gegenliebe stießen allerdings grundsätzlich wirtschaftsfeindliche Positionen. Kritisiert wurden Forderungen des BSW, wie sie zum Beispiel im Parteiprogramm zur Europawahl stehen. Formulierungen wie die „heutige EU ist ein Europa der Banken und des Big Business“ und die im Programm enthaltene Forderung nach „Aufspaltung von Megabanken“ stellen aus Sicht einiger Podiumsteilnehmer eindeutig eine antikapitalistische Position dar. Die Wirtschaft in Europa brauche aber große Banken. Und wo nichts erwirtschaftet werde, könne man auch nichts umverteilen.
Zudem dürfe man die noch unbekannte Partei nicht allein nach dem Programm beurteilen, sondern müsse dabei auch den Werdegang und die Positionen ihrer dominierenden Gründerin Sahra Wagenknecht berücksichtigen. Schon der Titel ihres im Jahr 2011 veröffentlichten Buches „Freiheit statt Kapitalismus“ zeige deutlich die antikapitalistische Einstellung.
Kritisiert wurde weiterhin, dass die im Programm stehenden Forderungen keine kohärente politische Linie böten. Die Partei steche vielmehr erstens durch die starke und medienwirksame Persönlichkeit von Sahra Wagenknecht selbst hervor sowie zweitens durch eine Aneinanderreihung klassischer populistischer Forderungen. Im Programm, so die Kritik, gebe es keinen roten Faden. Klassisch linke antikapitalistische Thesen stünden neben eher rechtspopulistischen Forderungen in Sachen Einwanderungspolitik, wo sich das BSW eher der AfD nähere. In Bezug auf die Außenpolitik seien die Positionen weder glaubwürdig noch koalitionsfähig. Es entstehe der Eindruck, man habe keine Probleme, mit autoritären Staaten zusammenzuarbeiten – von Kuba, über Russland bis China – solange diese antiamerikanisch seien.
Das BSW und die Finanzierung
Allerdings wurde auf dem Podium auch klar, dass die junge Partei ihre Haltung in vielen Fragen erst noch finden muss. Viele plakative Argumente gegen das BSW entsprächen eher Parolen der Boulevardpresse. Zudem habe die Partei zurzeit begrenzte finanzielle Ressourcen – insbesondere eine Groß- und viele kleine Spenden – und müsse mehrere Wahlkämpfe mit wenig Geld finanzieren. Der Vorwurf einer möglichen Finanzierung aus Moskau wurde derweil entschieden zurückgewiesen.
Insgesamt war auf dem Podium Lust zu spüren, über grundsätzliche Fragen in der Politik – jenseits von parteipolitischen Vorlieben – zu diskutieren. In einer Demokratie brauche es mehr „All-In-Politiker“, die sich mit ganzer Seele ihren Überzeugungen verschrieben. Das ruppige Umfeld in der Politik halte viele fähige Personen davon ab, sich parteipolitisch zu engagieren.
Bei der Debatte zeigte sich auch, wie herausfordernd es ist, ein Gespräch über eine Partei zu führen, deren Gründerin und Namensgeberin nicht anwesend war. Die ehemalige EU-Abgeordnete (2004 bis 2009) saß seit 2009 zunächst für Die Linke im Bundestag. Während der Großen Koalition aus CDU und SPD übte sie zeitweise als Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion die Rolle der Oppositionsführerin aus. Im Januar 2024 gründete sie die neue Partei BSW.
Ihre geplante Teilnahme am Wirtschaftsforum NEU DENKEN sagte sie mit Verweis auf Wahlkampftermine für die Kommunalwahlen in Thüringen zwei Tage und die EU-Wahlen zwei Wochen später ab.
Das kurzfristige Einspringen von Ralph Suikat wurde von den Podiumsteilnehmern als “mutig” gewürdigt, auch wenn zu spüren war, dass man sich auf ein hitziges Streitgespräch mit der Galionsfigur vorbereitet und gefreut hatte.
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