Steuerliche Anreize

In Spanien ist am 23. Dezember 2022 ein Gesetz zur Förderung des Ökosystems von Startups (Ley de fomento del ecosistema de las empresas emergentes) in Kraft getreten (Gesetz 28/2022 vom 21.12.2022). Nach der Gesetzbegründung zielt das Gesetz auf die Förderung von Unternehmensgründungen, Wachstum und die Verlagerung von Neugründungen nach Spanien ab. Daneben sollen verbesserte Rahmenbedingungen für die Internationalisierung spanischer Firmen geschaffen werden, indem mittels steuerlicher Anreize junge Talente sowie Personen aus der digitalen Unternehmenswelt angelockt werden sollen. Nach den Worten von Nadia Calviño, Ministerin für Wirtschaft und digitale Transformation, könnte Spanien damit zu einem der attraktivsten Länder für die Gründung von Startups werden.

Wann ist man ein Startup?

Das Gesetz führt zunächst den Begriff des „Startups“ in spanische Rechtsnormen als „empresa emergente“ ein. Danach gelten als „Startups“ solche juristische Personen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • es muss sich entweder um eine Neugründung handeln oder es dürfen nicht mehr als fünf Jahre seit der Gründung vergangen sein; sieben Jahre im Falle von Biotech-, Energie-Industrie und anderen Strategieunternehmen sowie solche Unternehmen, die eine eigene Technologie in Spanien entwickelt haben. 
  • Das Unternehmen darf nicht aus einer Fusion oder Abspaltung (Spin-Off) hervorgegangen sein. 
  • Das Unternehmen darf keine Dividenden ausschütten oder ausgeschüttet haben und nicht an einer Börse notiert sein. Sofern ein Unternehmen Gewinnausschüttungen tätigt, scheidet die steuerliche Einordnung als Startup aus.
  • Der eingetragene Sitz oder die ständige Niederlassung muss sich in Spanien befinden.
  • 60 % der Mitarbeiter müssen in Spanien beschäftigt sein.

Zudem muss das Unternehmen ein innovatives unternehmerisches Projekt mit einem skalierbaren Geschäftsmodell entwickeln. Zum Nachweis dieser Charistika durchläuft das Startup ein Prüfverfahren bei der Empresa Nacional de Innovación SME SA – ein öffentliches Unternehmen zur Finanzierung von KMUs. Für diese Zwecke veröffentlicht die ENISA auf ihrer Website einen Verfahrensleitfaden oder ein Handbuch, in dem insbesondere die Nachweiskriterien sowie die von den Unternehmen einzureichenden Unterlagen beschrieben sind. Die Analyse des unternehmerischen Projekts wird sich mindestens auf die Kriterien „Grad der Innovation“, „Grad der Attraktivität des Marktes“, „Lebensphase des Unternehmens“, „Geschäftsmodell“, „Wettbewerb“, „Das Team“, „Abhängigkeit von Lieferanten“ und „Kunden“ beziehen. Sollte das betreffende Unternehmen einer Unternehmensgruppe zugehören, muss die gesamte Gruppe die entsprechenden Anforderungen erfüllen, um insgesamt als aufstrebendes Unternehmen zu gelten.

Steueranreize für Startup-Unternehmen, Mitarbeiter und Investoren

Mit dem Startup-Gesetz treten eine Vielzahl von Regelungen in Kraft, die den rechtlichen Rahmen für Startups begünstigen. Es werden die bürokratischen Anforderungen bei der Gründung eines Startups erheblich reduziert, indem u. a. ein elektronisches Gründungsverfahren mit Standarddokumenten für Startups bereitgestellt wird und nur geringe Notar- und Registrierungsgebühren von 40 bzw. 60 EUR anfallen. 

Zentrale Steuererleichterung ist ein ermäßigter Körperschaftsteuersatzes von 15% anstelle der sonst üblichen 25% im ersten Jahr, in dem die Bemessungsgrundlage positiv ist (bei steuerlichen Verlusten sieht das spanische Körperschaftsteuergesetz einen unbegrenzten Verlustvortrag vor, wobei für verrechenbare Verluste über 1 MEUR eine Beschränkung der Einrechnung vorgesehen ist), sowie in den folgenden drei Steuerjahren. Nach Artikel 8 des Gesetzes wird zudem die Möglichkeit eröffnet, die Steuerschuld der ersten beiden Selbstveranlagungen bei der Körperschaftsteuer mit positiver Steuerbemessungsgrundlage für zwölf bzw. sechs Monate zinslos aufzuschieben, wobei auf Sicherheiten verzichtet werden kann. Darüber hinaus ist vorgesehen, in den ersten zwei Jahren nach Erreichen einer positiven Besteuerungsgrundlage keine Vorauszahlungen leisten zu müssen. Um die Liquiditätsbelastung der Startups in den Wachstumsjahren zu schmälern und wirtschaftliche Anreize für junge Talente zu unterstützen, werden Mitarbeiterbeteiligungsprogramme steuerlich gefördert. Der Freibetrag in der Einkommensteuer für sog. Stock-Options, also die optionsbasierte Ausgabe von erdienten Unternehmensanteilen als Vergütungen an Mitarbeiter sowie der Freibetrag für echte Unternehmensanteile, wird von insgesamt 12.000 EUR auf 50.000 EUR angehoben. Er wird im Jahr der Optionsausübung bzw. bei Gewährung von echten Anteilen bewilligt. Außerdem erfolgt die Besteuerung der Anteile nicht zum Zeitpunkt des Erhalts, sondern erst wenn die Ansprüche liquide werden oder sich materialisieren. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn das Unternehmen verkauft wird, an die Börse geht oder der Arbeitnehmer seine Anteile veräußert. In jedem Fall fingiert das Gesetz aber eine Realisation nach zehn Jahren. Diese Maßnahme ähnelt den reformierten deutschen Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen durch das Fondstandortgesetz mit Wirkung zum 1. Juni 2021, wonach der Freibetrag für die verbilligte Gewährung von Vermögensbeteiligungen an KMUs in § 3 Nr. 39 EStG von 360 EUR auf 1.440 EUR angehoben wurde und – um die sog. Dry Income Besteuerung vorzubeugen – ein Besteuerungsaufschubs des geldwerten Vorteils aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen nach § 19 a EStG bis zur tatsächlichen Veräußerung, bis zur Einlage in ein Betriebsvermögen, bis zur Beendigung eines bisherigen Dienstverhältnisses oder spätesten bis zu zwölf Jahren nach Übertragung des Vorteils eingeführt wurde. 

Das Gesetz beabsichtigt zudem Investitionen in spanische Startup-Unternehmen zu fördern, indem der Abzugssatz von 30 % auf 50 % erhöht wird, die maximale Abzugsbasis von 60.000 auf 100.000 EUR angehoben wird und der Zeitraum, in dem ein Unternehmen als neu gegründetes Unternehmen gilt, von 3 auf 5 Jahre im Allgemeinen und auf 7 Jahre für bestimmte Kategorien von Unternehmen verlängert wird.

Ausländische Investitionen werden dadurch begünstigt, dass nichtansässige Investoren nicht mehr verpflichtet sind, eine Ausländeridentifikationsnummer („NIE“) zu erhalten, sondern nunmehr beim spanischen Finanzamt lediglich eine Steueridentifikationsnummer (NIF) beantragen müssen. Letztere wird von der spanischen Finanzbehörde innerhalb von zehn Tagen ausgestellt.

Visum für digitale Nomaden

Die Corona-Pandemie hat das digitale Arbeiten enorm beflügelt und damit zu einem stärkeren Bewusstsein zu den Vorzügen örtlich flexibler Arbeitsmodelle beigetragen. Die Anziehungskraft des mediterranen Klimas Spaniens ist in diesem Zusammenhang unbestreitbar. Während die Einreise von Ausländern aus dem EU-Raum durch das „Schengen-Abkommen“ – jedenfalls temporär – „grenzenlos“ erscheint, bestehen im globalen Arbeitsumfeld teilweise enorme Hürden für die Erlangung notwendiger Aufenthaltstitel, weshalb das „remote“ Arbeiten von Drittstaatlern in Spanien bisher kaum darstellbar war.

Dieser Zustand soll mit Einführung eines besonderen Visums für sog. Telearbeiter oder digitale Nomaden behoben werden und damit ein wesentlicher Beitrag zur Förderung für die Fernarbeit von Spanien geschaffen werden. Als Telearbeiter gelten ausländische Personen, die unter ausschließlicher Verwendung von Computer-, Telematik- und Telekommunikationssystemen und -mitteln eine selbständige Fernarbeit oder eine berufliche Tätigkeit für Unternehmen mit Sitz außerhalb Spaniens ausüben. Sie müssen nachweisen, dass sie für das ausländische Unternehmen mindestens drei Monate gearbeitet haben und dass die Fernarbeit von dem ausländischen Arbeitgeber genehmigt wurde. Darüber hinaus können selbständige Telearbeiter auch für ein in Spanien ansässiges Unternehmen arbeiten, solange der Anteil dieser Arbeit 20 % ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit nicht übersteigt. Zudem können hochqualifizierte Fachkräfte dieses Visum oder die Genehmigung zur Telearbeit beantragen, wenn sie nachweisen, dass sie Absolventen oder Postgraduierte von Universitäten, Berufsbildungseinrichtungen und Wirtschaftsschulen sind oder über eine mindestens dreijährige Berufserfahrung verfügen.

Achtung: Kein Lex Beckham  wenn "Selbstständigkeit" vorliegt

Lex Beckham kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn die spanische Sozialversicherung den Home-Office-Arbeitnehmer im "Selbständigen-Regime" verortet. Bei der Sozialversicherung liegt ein Selbständigen-Regime dann vor, wenn der Beschäftigte die „effektive Kontrolle“ über die Arbeitgeber-Gesellschaft ausübt. Er gilt dann nicht mehr als normaler Arbeitnehmer/Angestellter! 

Folgende mögliche Szenarien: 

Von „effektiver Kontrolle“ geht die SV in jedem Fall aus wenn:

  • Mindestens 50 % der Anteile des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer gehalten werden.  

„Effektive Kontrolle“ ist weiterhin gegeben, wenn:

  • Mindestens 50 % der Anteile des Arbeitgebers von Ehepartner und/oder Blutsverwandten und/oder angeheirateten und/oder adoptierten Verwandten bis zum 2. Grad gehalten werden, mit denen er zusammenlebt
  • Mindestens ein Drittel der Anteile des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer gehalten werden
  • Mindestens ein Viertel der Anteile des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer gehalten werden und dieser eine Funktion in der Firmenleitung ausübt.

Leider werden diese Einschränkungen häufig übersehen oder sind nicht bekannt. Eine spätere Nichtanerkennung des "Lex Beckham Regimes" kann zu steuerlichen Großschadensereignissen führen.  



Unser Lex-Beckham-Team berät Sie gerne.

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