Konsequenzen des Wegzugs aus Deutschland

Der „große“ und der „kleine Wegzug“

Wichtige Grundlagen

Unter einem „großen Wegzug“ verstehen wir die vollständige Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht, d.h. Aufgabe sämtlicher Wohnsitze sowie des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland. Dies ist immer dann wichtig, wenn man in einen Staat zieht, in welchem man keinen DBA-Schutz genießt, oder wenn man die unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht beenden bzw. die Fünf-Jahres-Frist für die Beendigung der erweitert unbeschränkten Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ErbStG zum Laufen bringen möchte.

Bei einem „kleinen Wegzug“ kann man dagegen seinen Wohnsitz in Deutschland beibehalten, lediglich nach dem DBA mit dem Zuzugsstaat wird der Mittelpunkt der persönlichen und wirtschaftlichen Interessen ins Ausland verlagert – steuerlich erreicht man in diesem Fall ggf. aber auch nur weniger.

Es liegt auf der Hand, dass die „große Lösung“ mit einem vollständigen Bruch persönlicher Beziehungen zu Deutschland einhergeht. Das Haus, in dem ggf. die Kinder aufgewachsen sind, darf steuerlich nicht mehr als Wohnung qualifizieren – muss also bestenfalls vermietet oder verkauft werden. Allein diese Konsequenz ist für viele Wegzugswillige nur schwer zu verkraften.

Auch das geliebte Ferienhaus auf Sylt muss weg – niemand will sich wirklich auf die (zum Kindergeld ergangene) Rechtsprechung verlassen, wonach der bloße gelegentliche und nicht regelmäßige Besuch einer „Wohnung“ in Deutschland keinen steuerlichen Wohnsitz begründen soll. Hinzu kommen die Aufgabe von Mitgliedschaften in liebgewordenen Clubs und Vereinen bis hin zur Abgabe der Jagdwaffen. Die steuerlichen Berater haben hierfür detaillierte und lange Checklisten, um die Steuerpflichtigen insbesondere vor sich selbst zu schützen – Wir erinnern uns an die Tennislegende Boris Becker.

Im Übrigen darf sich der Wegziehende nur noch vorübergehend – zusammenhängend nicht mehr als sechs Monate – im Inland aufhalten, zB um die Familie zu besuchen, Arzt- oder Geschäftstermine wahrzunehmen. Aufgrund des starken Eingriffs in den privaten Bereich enden für viele Wegzugswillige die Gespräche häufig an dieser Stelle.

Wer lediglich die „kleine Lösung“ im Blick hat, weil er als Kosmopolit ohnehin überall auf der Welt zu Hause ist, und eben nicht alle privaten Zelte in Deutschland abbrechen möchte, der hat es dagegen deutlich einfacher. Allerdings erfordert auch der „kleine Wegzug“ die nötige Disziplin sowie Dokumentation. Für den Weltbürger ist es z.B. zwingend, dass er ein „Fahrtenbuch“ über seine Aufenthalte im In- und Ausland führt. Das ist lästig (und für manche zu lästig), aber zwingend, um die nötigen Nachweise bei den in- und ausländischen Steuerbehörden zu führen.

Und wer glaubt, dass er im digitalen Zeitalter mal etwas „großzügiger“ mit seinen Einträgen sein kann, der übersieht, dass der Mensch heute u.a. bereits über sein Mobiltelefon im Hinblick auf den räumlichen Aufenthaltsort „gläsern“ ist. Zudem hat man zu beachten, dass das lästige „Tagezählen“ für steuerliche Zwecke von Land zu Land anders sein kann. Ein Tag ist steuerlich eben nicht unbedingt ein Tag!

Wer meint, das alles psychisch und organisatorisch leisten zu können, darf sich näher mit den steuerlichen Konsequenzen seines Wegzugs im Wegzugs- und Zuzugsstaat beschäftigen.


Wegzug von Personen ohne Gesellschafterbeteiligung

Ist der Wegziehende weder an einer in- oder ausländischen Personengesellschaft noch an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft zu mindestens 1 Prozent beteiligt, beschränken sich die einkommensteuerrechtlichen Konsequenzen auf die Frage, ob bzw. in welchem Umfang die künftigen Einkünfte in Deutschland zu besteuern sind. Ein Wegzug hat also nicht automatisch zur Folge, dass in Deutschland keine Steuerpflicht mehr besteht. Die künftige Besteuerungssituation in Deutschland hängt davon ab, ob ein „großer Wegzug“ oder ein „kleiner Wegzug“ stattfindet.

Werden die Spielregeln des „großen Wegzugs“ eingehalten, endet mit dem Wegzug im Inland grundsätzlich die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht (§ 1 EStG iVm §§ 8, 9 AO). Der Wegziehende ist in diesem Fall in Deutschland nur noch mit seinen deutschen Einkunftsquellen (zB einem im Inland belegenen vermieteten Mehrfamilienhaus) beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 iVm § 49 EStG).

Daneben ist der Wegziehende, der künftig in Spanien ansässig und damit dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, mit diesen deutschen Einkünften in Spanien steuerpflichtig (Welteinkommensprinzip).

Hinweis: Die drohende Doppelbesteuerung wird dadurch vermieden, dass nach Maßgabe des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens mit Spanien (kurz: DBA/Spanien) das Steuersubstrat zwischen Deutschland und Spanien aufgeteilt wird. Technisch geschieht dies, indem entweder ein Land auf sein Besteuerungsrecht verzichtet und diese Einkünfte von der Besteuerung freistellt (Freistellungsmethode) oder der Ansässigkeitsstaat (hier Spanien) die in Deutschland angefallene Einkommensteuer auf die spanische Steuer anrechnet (Anrechnungsmethode).

Hingegen ist der „kleine Wegzug“ ein wenig komplizierter zu beschreiben: Behält der Wegziehende in Deutschland (s)einen Wohnsitz, dann bleibt er im Regelfall in Deutschland mit seinem Welteinkommen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG, § 8 AO). Gleichzeitig begründet er in Spanien durch seinen dortigen Aufenthalt eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht.

Zur Auflösung dieser Konfliktlage sieht das DBA/Spanien einen Mechanismus vor, nach dem für Zwecke des Doppelbesteuerungsabkommens ein Land als Ansässigkeitsstaat abschließend bestimmt und auf dieser Basis das Besteuerungsrecht zwischen den beteiligten Ländern geregelt wird.

Die abkommensrechtliche Ansässigkeit bestimmt sich im Regelfall nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen und nur ersatzweise nach anderen Kriterien. Wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet, ist in jedem Einzelfall anhand der persönlichen Lebensumstände zu bestimmen. Die Beurteilungskriterien bei einem Single sind dabei freilich andere als bei einem verheirateten – nicht von seiner Ehefrau getrennt lebenden – Familienvater mit minderjährigen Kindern. Während es bei einem Single zu einer schwierigen und streitanfälligen Einzelfallentscheidung kommt, ist die Sache bei dem Familienvater verhältnismäßig einfach: Dort, wo sich die Familie befindet, ist dessen Lebensmittelpunkt. Zieht also die gesamte Familie nach Spanien, besteht kein Zweifel, dass sie – trotz fortbestehenden Wohnsitz im Inland – in Spanien abkommensrechtlich ansässig ist und damit im Ergebnis nur noch aus deutschen Quellen stammende Einkünfte nach Maßgabe der Verteilungsentscheidung des DBA/Spanien im Inland zu versteuern sind. Diese Situation (fortbestehender Wohnsitz im Inland, abkommensrechtliche Ansässigkeit im Ausland) beschreibt den „kleinen Wegzug“.

Zieht die Familie ausnahmsweise nicht mit nach Spanien, bleibt der Familienvater im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und abkommensrechtlich im Inland ansässig. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn der Wegziehende nach spanischen Steuerrecht gemäß Art. 93 LIRPF (sog. LEX BECKHAM) zur beschränkten Steuerpflicht optiert.

Damit hält der deutsche Fiskus in einem ersten Schritt die Hand auf dem Welteinkommen. Damit unterliegen auch die spanischen Einkünfte der deutschen Besteuerung, sofern nach dem DBA/Spanien diese Einkünfte nicht von der inländischen Besteuerung freigestellt sind. Sofern die Freistellungsmethode nicht einschlägig ist, unterliegen die spanischen Einkünfte unter Anrechnung der spanischen Steuer der deutschen Einkommensteuer (Anrechnungsmethode).

Deutscher Besteuerungszugriff beim „großen Wegzug“

Beim „großen Wegzug“ ist der Wegziehende in Deutschland nur noch mit seinen inländischen Einkünften beschränkt einkommensteuerpflichtig und unterliegt in Spanien der unbeschränkten Steuerpflicht. Ob ausnahmsweise die sog. erweiterte beschränkte Steuerpflicht (§ 2 AStG) beim Wegzug nach Spanien zB bei Inanspruchnahme des LEX BECKHAM eine Rolle spielt, ist im Einzelfall zu prüfen. Damit sind in Deutschland bspw. weiterhin zu versteuern:

  • Gewinne aus einem in Deutschland betriebenen Gewerbebetrieb (Betriebsstättenprinzip). Wird die Leistung teilweise in Deutschland und teilweise in Spanien erbracht, sind die Gewinne aufzuteilen und nur der der deutschen Betriebsstätte zuzurechnende Anteil des Gewinns unterliegt der Besteuerung in Deutschland. Die hierauf entfallende deutsche Einkommensteuer wird auf die spanische Einkommensteuer angerechnet, soweit die spanische Einkommensteuer auf die deutschen Einkünfte entfällt
  • Gewinne aus einer in Deutschland ausgeübten selbständigen Arbeit (§ 18). Wird die Leistung teilweise in Deutschland und teilweise in Spanien erbracht, sind die Gewinne aufzuteilen und nur der der deutschen Betriebsstätte zuzurechnende Anteil des Gewinns unterliegt der Besteuerung in Deutschland. Die hierauf entfallende deutsche Einkommensteuer wird auf die spanische Einkommensteuer angerechnet, soweit die spanische Einkommensteuer auf die deutschen Einkünfte entfällt
  • Vergütungen, die bspw. eine in Deutschland ansässige Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, oder GmbH an ein Mitglied des Aufsichts- oder des Verwaltungsrates für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt. Die Steuer wird an der Quelle im Wege des Steuerabzugs erhoben und beträgt 30 % der Vergütung. Spanien rechnet die für die Aufsichtsratsvergütung gezahlte Steuer an
  • Dividenden, die von einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft an eine in Spanien ansässige natürliche Person ausgeschüttet werden, wobei die Quellensteuer 15 % beträgt und auf die spanische Einkommensteuer angerechnet werden kann
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus unbeweglichem, in Deutschland gelegenem Vermögen, wobei die in Deutschland tatsächlich entrichtete Einkommensteuer in Spanien angerechnet werden kann
  • Steuerpflichtige Gewinne aus der Veräußerung einer in Deutschland belegenen Immobilie, wobei die in Deutschland hierauf geleistet Einkommensteuer in Spanien angerechnet wird

Da der Wegziehende beim „großen Wegzug“ im Inland lediglich beschränkt steuerpflichtig ist, wirken sich bei ihm die persönlichen Verhältnisse nicht steuermindernd aus. Soweit die Einkommensteuer nicht im Wege des Steuerabzugs erhoben wird (wie zB bei Dividenden oder Aufsichtsratsvergütungen), wird bspw. bei der Festsetzung der Einkommensteuer für Verheiratete grundsätzlich der Grundfreibetrag sowie der Splittingtarif nicht gewährt.

Deutscher Besteuerungszugriff beim „kleinen Wegzug“​

Hingegen besteht beim „kleinen Wegzug“ im Inland die unbeschränkte Steuerpflicht fort. Abkommensrechtlich ist Spanien jedoch der Ansässigkeitsstaat, sodass sich hinsichtlich der Verteilung des Besteuerungsrechts sowie der Anwendbarkeit der Anrechnungsmethode in Spanien keine Abweichungen zum „großen Wegzug“ ergeben.

Für Einkünfte aus Drittstaaten gelten indes die Regelungen des DBA/Spanien nicht. Hier richtet sich die Besteuerungssituation nach dem jeweils mit dem Drittstaat abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (abkommensrechtlichen Dreieckskonstellationen). Aufgrund der (fort-)bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht sind die nach Maßgabe des DBA in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte durch einen Quellensteuerabzug (außerhalb der für Kapitaleinkünfte einschlägigen Abgeltungssteuer) nicht abgegolten, sondern es ist eine „normale“ Einkommensteuererklärung abzugeben, in der zB Sonderausgaben oder sonstige die subjektive Leistungsfähigkeit mindernde Ausgaben steuermindernd geltend gemacht werden können.

Für Verheiratete kommt der Splittingtarif zur Anwendung. Spanische Einkünfte, die im Inland aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens von der Besteuerung freigestellt sind, unterliegen dem Progressionsvorbehalt.

Zwischenfazit

Eine Wegzugssteuer wird nicht ausgelöst, sofern der Wegziehende nicht an einer Personengesellschaft oder zu mindestens ein Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Nach dem Wegzug kann das deutsche Besteuerungsrecht in der Form der unbeschränkten oder beschränkten (bzw. in Ausnahmefällen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht) fortbestehen. Ist der Wegziehende abkommensrechtlich in Spanien ansässig, ist die deutsche Einkommensteuer auf die spanische Einkommensteuer anzurechnen, sodass der Wegziehende auf dem jeweils höheren Steuerniveau belastet wird.

Wegzug mit Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft

Ist der Wegziehende an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft zu mindestens ein Prozent beteiligt, dann gilt es, die Wegzugssteuer des § 6 AStG zu beachten. Unter den Voraussetzungen dieser Norm fingiert das Gesetz eine Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung zu deren gemeinen Wert, also dem Wert, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. Ein hieraus resultierender Gewinn unterliegt den allgemeinen Spielregeln des Einkommensteuergesetzes und kann eine Einkommensteuerbelastung inklusive Solidaritätszuschlag von bis zu rund 28,5 % (zzgl. Kirchensteuer) auslösen, ohne dass es zu einem entsprechenden Liquiditätszufluss kommt. Mithin handelt es sich bei der Wegzugssteuer nicht um eine eigene Steuerart, sondern beschreibt im Zusammenhang mit § 6 AStG die aus einer gesetzlichen Fiktion resultierende Einkommensteuerbelastung. Sollten in der Kapitalgesellschaftsbeteiligung ausnahmsweise Verluste gebunden sein, werden diese hingegen durch die Wegzugsbesteuerung nicht realisiert.

Fallbeispiel

Der Unternehmer A ist alleiniger Gesellschafter der von ihm gegründeten A-GmbH und erwirtschaftet einen jährlichen Gewinn in Höhe von 150.000 €. A entscheidet sich dazu, Deutschland endgültig zu verlassen, um nach Spanien zu ziehen. Das zuständige Finanzamt bewertet die A-GmbH bei Wegzug mit einem Wert in Höhe von 2 Millionen €. Das Stammkapital der A-GmbH beträgt 25.000 €. Weitere Anschaffungskosten hatte A nicht.

Der fiktiver Veräußerungsgewinn beträgt 1.975.000 €. Hieraus resultiert eine Steuerbelastung in Höhe von rund 562.875 € (1.975.000 € x 28,5 %). Hinzu kommt ggf. noch die Kirchensteuer.

Zu denselben Rechtsfolgen kann es auch ohne physischen Wegzug kommen, wenn nämlich „nur die Anteile wegziehen“. Zu einem solchen Wegzug der Anteile, der eine fiktive Veräußerung auslöst, kann es bspw. kommen, wenn Kapitalgesellschaftsanteile an eine im Ausland lebende Person (zB ein Kind) verschenkt oder vererbt werden. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass das Thema Wegzugssteuer eine größere praktische Bedeutung hat, als es allgemein angenommen wird.

Hinweis: Die Idee der Wegzugssteuer iS des § 6 AStG ist einfach: Wird das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zB durch Wegzug oder Anteilsschenkung an eine im Ausland lebende Person ausgeschlossen oder eingeschränkt, löst dies eine „finale Besteuerung“ im Inland durch Fiktion der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung aus. Dieser Aspekt der „finalen Besteuerung“ kann auch auf Gesellschaftsebene oder bei Personengesellschaftsbeteiligungen eine Rolle spielen.

Voraussetzungen der Wegzugssteuer gem. § 6 AStG

Die Wegzugsbesteuerung kommt nach § 6 AStG dann zum Tragen, wenn eine natürliche Person eine Beteiligung i.S. von § 17 EStG an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft zu mindestens 1 % im Privatvermögen hält, innerhalb der letzten 12 Jahre seit mindestens sieben Jahren in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war und ihre unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts beendet. Eine Veräußerung wird ebenfalls bei unentgeltlicher Übertragung der Kapitalgesellschaftsbeteiligung auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person sowie bei Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile aus sonstigen Gründen fingiert.

Hat der Steuerpflichtige die Anteile unentgeltlich durch Erwerb von Todes wegen oder Schenkung erworben, so sind nach § 6 Abs. 2 AStG für die Berechnung der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht die Verhältnisse des Rechtsvorgängers einzubeziehen.

Verschärfung der Rechtslage seit dem 01.01.2022

Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich für Wegziehende erheblich verschärft: Wurde vor dem 01.01.2022 auf Antrag die durch einen Wegzug in einen EU-/EWR-Staat ausgelöste Wegzugssteuer bis zu einer Anteilsveräußerung oder einem vergleichbaren Vorgang unter bestimmten Voraussetzungen zeitlich unbegrenzt, unverzinslich und ohne Sicherheit gestundet, ist diese Möglichkeit seit dem 01.01.2022 entfallen.

Damit wird seit dem 1.1.2022 der Wegzug in einen EU-/EWR-Staat ebenso behandelt, wie der Wegzug in einen Drittstaat (zB USA). Als einzige Entlastungsmaßnahme sieht das Gesetz auf Antrag die Möglichkeit vor, die durch den Wegzug ausgelöste Einkommensteuer in sieben gleichen Jahresraten zu entrichten. Das Gesetz sieht vor, dass hierfür regelmäßig eine Sicherheitsleistung erbracht werden muss. Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides zu entrichten; die übrigen Jahresraten sind jeweils am 31.7. der Folgejahre fällig. Eine Verzinsung der Jahresraten erfolgt nicht.

Die Möglichkeit der ratierlichen Zahlungsweise unterliegt einem strengen Regime: Unter bestimmten Voraussetzungen stellt der Fiskus die noch offenen Raten fällig, wenn bestimmte Spielregeln nicht eingehalten werden: Das Gesetz sieht vor, dass die noch nicht entrichtete Steuer innerhalb eines Monats fällig wird,

  • wenn die Jahresrate nicht fristgemäß entrichtet wird
  • wenn der Wegziehende oder sein Gesamtrechtsnachfolger nicht jährlich bis zum 31. Juli schriftlich beim zuständigen Finanzamt seine aktuelle Anschrift mitteilt und bestätigt, dass die Anteile ihm bzw. im Fall des Wegzugs der Anteile dem seinem Rechtsnachfolger weiterhin zuzurechnen sind
  • wenn der Wegziehende Insolvenz anmeldet
  • soweit die Anteile veräußert oder schenkweise übertragen werden
  • soweit Gewinnausschüttungen oder eine Einlagenrückgewähr in Höhe von mehr als ein Viertel des gemeinen Werts der Kapitalgesellschaftsbeteiligung stattfinden

Besonderheiten beim Wegzug mit Rückkehrabsicht

Das Gesetz sieht Erleichterungen für Fälle der nur vorübergehenden Abwesenheit vor, also Fallkonstellationen, in denen der Wegzug in Rückkehrabsicht erfolgt und der Wegziehende innerhalb von sieben Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder nach Deutschland zurückkehrt. Die „7-Jahresfrist“ kann einmalig um 5 Jahre auf 12 Jahre verlängert werden.

Grundsätzlich ist auch beim Wegzug mit Rückkehrabsicht die hierauf entfallende Wegzugssteuer – ggf. ratierlich – zu leisten. Durch tatsächliche Rückkehr mit den „wesensgleichen Anteilen“ entfällt die Steuer rückwirkend und wird erstattet. Auf Antrag müssen die Jahresraten bei Rückkehrabsicht zunächst nicht geleistet. Die Stundung der Jahresraten erfolgt idR nur gegen Sicherheitsleistung und nur bei tatsächlicher Rückkehr zinslos.

Wie vermeide ich die Wegzugssteuer?

Nach der Neuregelung des § 6 AStG seit dem 1.1.2022 stellt die Wegzugsteuer ein echtes „Mobilitäts-Hemmnis“ dar, da die hieraus resultierenden steuerrechtlichen Konsequenzen ganz erheblich sein können. Umso wichtiger ist es, im Rahmen einer individuellen Beratung nach Möglichkeiten zu suchen, die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden oder jedenfalls abzumildern. So kann bspw. ein Formwechsel oder auch die Übertragung auf eine Familienstiftung im Einzelfall ein Gestaltungsansatz sein. Ebenso ist es denkbar, durch eine Nießbrauchsgestaltung oder durch Vereinbarung von Versorgungsleistungen in Verbindung mit einer vorweggenommenen Erbfolge auf eine im Inland verbleibende Person die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden.

Steuerfalle bei Gesellschafter-Geschäftsführern

Vorsicht ist bei Gesellschafter-Geschäftsführern geboten. Hier kann der Wegzug zu ungewollten Steuerfolgen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft führen.

Dies betrifft insbesondere Fallkonstellationen von im Dienstleistungssektor tätigen Gesellschaften, in denen der Wegziehende alleiniger Geschäftsführer ist. Hier stellt sich das Problem, dass es durch den Wegzug zu einer Verlagerung des Ortes der Geschäftsleitung nach Spanien kommt und damit die Kapitalgesellschaft nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen fortan in Spanien ansässig ist. Soweit hierdurch abkommensrechtlich das inländische Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts der Kapitalgesellschaft ausgeschlossen wird, sieht das Körperschaftsteuergesetz in § 12 Abs. 1 KStG bzw. in § 8 Abs. 1 KStG iVm § 16 Abs. 3a EStG eine „Endbesteuerung“ durch Fiktion einer Veräußerung der entsprechenden Wirtschaftsgüter zum gemeinen Wert vor. Derartige Steuerprobleme lassen sich durch entsprechende Planung und Gestaltung des Sachverhalts vermeiden.

Hinweis: Die Verlagerung des Ortes der Geschäftsleitung kann auch mit Blick auf § 17 Abs. 5 EStG problematisch sein, der auf Gesellschafterebene – und damit in Konkurrenz zu § 6 AStG – eine Fiktion der Veräußerung der Gesellschaftsanteile regelt, allerdings keine Sonderregelung für Fälle der vorübergehenden Abwesenheit vorsieht.

Wegzug mit Beteiligung an einer Personengesellschaft

§ 6 AStG ist auf die Beteiligung an einer Personengesellschaft nicht anwendbar. Der Wegziehende ist weiterhin mit seinen in einer inländischen Betriebsstätte erzielten Einkünften (nunmehr) beschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach Maßgabe des Doppelbesteuerungsabkommens mit Spanien behält die Deutschland insoweit sein Besteuerungsrecht an den Gewinnen der deutschen Betriebsstätte. Mangels Beeinträchtigung des deutschen Besteuerungssubstrats ist eine Wegzugsbesteuerung nicht geboten.

Achtung

Problematisch wird es, wenn im Rahmen des Wegzugs in Spanien eine weitere Betriebsstätte errichtet wird, zB weil fortan ein Teil der unternehmerischen Tätigkeit von Spanien aus erbracht wird. In diesem Fall kann es zu einer „Wegzugsbesteuerung“ kommen, soweit einzelne Wirtschaftsgüter künftig der ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. In diesem Fall ordnet § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG die fiktive – und gewinnrealisierende – Entnahme der betreffenden Wirtschaftsgüter aus dem inländischen Betrieb an.

Wird ein vollständiger (Teil-)Betrieb einer Personengesellschaft ins Ausland verlagert und wird dadurch das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder Teilbetriebs ausgeschlossen oder beschränkt, so wird als Rechtsfolge von § 16 Abs. 3a EStG eine Betriebsaufgabe fingiert. Die fiktive Betriebsaufgabe führt zur Aufdeckung der stillen Reserven in den betreffenden Wirtschaftsgütern, die in Deutschland zu versteuern sind. Vergleichbar der Regelungen in § 6 AStG sieht § 36 Abs. 5 EStG unter bestimmten Voraussetzungen eine ratierliche Tilgung der Steuerschulden in fünf gleichen Jahresraten vor.

Fazit

Damit kein steuerliches Großschadensereignis entsteht sollte eine sorgfältige Planung mit den deutschen und spanischen Beratern vorgenommen werden. Die Berater in Deutschland (Wegzug) sollten intensiv mit den spanischen Beratern (Zielland) kommunizieren und eine gemeinsame Strategie erarbeiten. Die Umsetzung sollte ebenfalls in enger Abstimmung erfolgen.

Unser Lex-Beckham-Team berät Sie gerne.

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