ENERGIE & MOBILITÄT

Reise in die klimaneutrale Zukunft

Der Ausstieg aus der fossilen Energie ist zu einem weltweiten Wettlauf geworfen, der Fotovoltaik gehört die Zukunft. Die weitreichenden Folgen für die Energieerzeugung und die Mobilität sowie das Potenzial für die Unternehmen beschrieben auf dem Wirtschaftsforum Experten aus der Wirtschaft  

Dr. Herbert Diess - Aufsichtsratsvorsitzender von Infineon

Wie schnell und in welchen Bereichen gelingt die Energiewende? Was bedeutet das für die Mobilität von morgen, für die Automobil- und die Flugzeugbranche? Welche neuen Formen der Mobilität werden wir erleben? Und welche Chancen hat Deutschland, an diesem Zukunftsbusiness teilzuhaben?

Über diese Fragen referierten und diskutierten beim Wirtschaftsforum Dr. Herbert Diess, Ex-VW CEO und Aufsichtsratsvorsitzender von Infineon, Annette Mann, CEO Austrian Airlines, sowie Stefan Klocke und Christian Bauer, Beiratsvorsitzender und CFO/CCO von Volocopter. 

Trotz aller Skepsis rund um die Heizungsdebatte in Deutschland und den Schwierigkeiten bei der Energiewende wurden in der Diskussion auch optimistische Stimmen laut. Der für den Klimaschutz unabdingbare Ausstieg aus der fossilen Energie sei rechtzeitig zu schaffen - und biete enorme Investitionsmöglichkeiten. Allerdings müsse man die Möglichkeiten nach Branchen differenzieren, wie bei den Vorträgen klar wurde. Während in der Stromerzeugung angesichts des enormen Wachstums der Solarenergie der Umstieg gut zu schaffen und gerade in nordeuropäischen Ländern auf einem guten Weg sei, sehe es in Transport und Energie etwas schwieriger aus. Aber auch in diesen Bereichen sei ein Umstieg zu 50 Prozent mit einem vertretbaren Aufwand zu schaffen. Im Bauwesen seien angesichts des Bereichs der Baustoffe die größten Probleme zu meistern. Insgesamt aber verfüge man heute über Lösungen für zwei Drittel der CO2-Emissionen - und diese Lösungen würden immer günstiger.  

Eine zentrale Erkenntnis der Debatte war denn auch, dass die Energiewende weniger ein wirtschaftlicher Hemmschuh sein muss, als ein "Riesengeschäft" sein kann. Die weltweiten Statistiken zeigen, dass das volkswirtschaftliche Wachstum bereits jetzt schon fast völlig entkoppelt ist vom CO2-Wachstum. Zudem müsse man davon ausgehen, dass bislang weniger entwickelte Länder das fossile Zeitalter sozusagen direkt überspringen. Bei den Investitionen in nachhaltige Energien sei ein weltweit umkämpfter Wettbewerb ausgebrochen, der zudem stark subventioniert werde.

Christian Bauer - CFO und CCO Volocopter GmbH und Annette Mann - CEO Austrian Airlines

Annette Mann - CEO Austrian Airlines

Als Vorbild für die Energiewende wurde insbesondere auf Schweden verwiesen, das beim Klimaschutz doppelt so gut dastehe wie Deutschland, aber deswegen keinerlei Wohlstandseinbußen hinnehmen müsse. Das nordische Land kommt praktisch ohne fossile Energieträger in der Stromerzeugung aus, eine hohe CO2-Steuer hat eine enorme Lenkungswirkung auf die gesamte Gesellschaft entfaltet - ein Weg, den auch Deutschland problemlos beschreiten könne. 

Doch gerade im Bereich der Fotovoltaik habe sich Deutschland abhängen lassen und einen Sektor aufgegeben, der heute von China beherrscht werde und höchst profitabel sei - die Kosten seien von rund 2 Euro pro Watt Peak im Jahr 2010 auf inzwischen unter 20 Cent gefallen. Die Fotovoltaik werde die Energieerzeugung der Zukunft ganz klar dominieren, und das weitere Wachstumspotenzial lässt sich als gigantisch bezeichnen: Ist derzeit rund ein Terawatt weltweit installiert, dürfte man künftig 70 bis 100 Terawatt für die globale Versorgung mit Energie benötigen - nicht zuletzt wegen des Mehrbedarfs für die Rechenleistung im Bereich der Künstlichen Intelligenz. 

Je mehr ein Land oder eine Region in die Solarenergie investiere, desto größer werde ihre Wettbewerbsvorteil in Sachen Energiekosten. Und damit einher gehe eine Riesenchance für die Batterieindustrie - einem Bereich, wo die Produktionskosten ebenfalls stark sinken dürften -, um die Schwankungen bei der Produktion im Tagesverlauf auszugleichen. Die Energiewende sei zwar eine enorme Herausforderung, aber immer stärker auch ein Riesengeschäft, an dem sich Deutschland seinen Anteil sichern müsse. 

In der Automobilität sei der Elektroantrieb wegen seiner höheren Effizienz anderen Energieformen wie Wasserstoff deutlich überlegen. Die Mobilität werde durch die Fotovoltaik zudem immer günstiger, E-Autos werden in Zukunft den Verbrennungsmotoren auch im preislichen Vergleich haushoch überlegen sein. Ein aktuelles Beispiel: Selbst der Erdölproduzent Nigeria investierte vor kurzem in 16.000 neue E-Busse.

Fliegen mit E-Fuel und Wasserstoff

Im Flugverkehr hemmen die finanziellen Lasten der Corona-Krise die Investitionen in Zukunftstechnologien - besonders in Europa. Denn während anderswo in der Welt viele Pandemie-Hilfen als Subventionen flossen, müssen sie hierzulande zurückgezahlt werden. Gleichzeitig wird außerhalb von Europa kräftig in die Infrastruktur investiert, in Flughäfen, die als Drehkreuze des internationalen Luftverkehrs in einer neuen Liga spielen. Etwa allein der in Saudi-Arabien bis 2030 geplante Hub werde hinsichtlich des Flugaufkommens der Größe der fünf größten Airports in Europa entsprechen. 

In den EU-Ländern dagegen stehen Effizienz und Nachhaltigkeit im Vordergrund - der ökologische Fußabdruck beim Fliegen soll weniger kompensiert, als reduziert werden. Dies geschehe etwa durch den Kauf neuer, sparsamerer Flugzeuge, sofern diese zügig lieferbar sind. Und auch der Single Sky Room in Europa, die Optimierung der Flugrouten, biete viel Potenzial, wenn sich denn Reformen gegen die Vielzahl von Partikularinteressen auf nationaler oder gewerkschaftlicher Ebene durchsetzen ließen. 

Während E-Fuels schon kurzfristig dabei helfen dürften, den Flugverkehr nachhaltiger zu machen, ist Wasserstoff noch Zukunftsmusik. Und da dieser deutlich mehr Platz benötige als Kerosin, werde er zunächst vor allem für Kurzstreckenflüge eine Option werden. Die Entwicklung neuer Flugzeugformen verspreche langfristig große Fortschritte, kurzfristig liege aber der Fokus auf nachhaltigem Kraftstoff. Ohnehin werde man beim langfristigen Ausstieg aus dem Markt der fossilen Energieträger auf die Kombination verschiedener Strategien und Verkehrsmittel angewiesen sein. 

Geplant sind Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit dem Volocopter, 

die die Transferzeiten zu wichtigen Knotenpunkten wie Flughäfen verkürzen.


Volocopter - ein nachhaltiges Ökosystem der urbanen Luftmobilität

Ein solches alternatives Verkehrsmittel ist der Volocopter, ein Air-Taxi für die urbane Mobilität, das die Gäste des Wirtschaftsforums NEU DENKEN auf der Terrasse des Castillo Hotel Son Vida in Augenschein nehmen konnten: Dort war ein 1:3-Modell des bahnbrechenden E-Fluggeräts mit 18 Rotoren ausgestellt. Geplant sind Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die die Transferzeiten zu wichtigen Knotenpunkten wie Flughäfen verkürzen. Bis zum Sommer 2024 sollen kommerzielle Flüge zum Personentransport in Paris an den Start gehen. Mit heutiger Technologie seien 30 bis 35 Kilometer Reichweite plus Reserve möglich - ausreichend für die Strecke Airport Charles de Gaulle-Paris Zentrum. 

Bei dem Projekt der in Bruchsal ansässigen Firma, die zwölf Jahre nach ihrer Gründung rund 700 Mitarbeiter beschäftigt, geht es aber nicht nur um ein Fluggerät, sondern um ein nachhaltiges Ökosystem der urbanen Luftmobilität. Bei der Entwicklung habe man viel behördliche und politische Unterstützung erfahren und sei inzwischen im Gespräch mit mehr als 40 Städten.

Und auch beim Projekt Volocopter spielt die Künstliche Intelligenz in Zukunft eine wichtige Rolle, wenn es darum gehen wird, vorab die Flugroute zu simulieren - Turbulenzen oder Drohnen auf dem Weg werden durch Sensoren erfasst - und in einem weiteren Schritt dann auch darum, autonom zu fliegen.


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